Die autofreie Siedlung Stellwerk 60 ist dicht bebaut. Unser Reihenhaus ist zwar 13,5 Meter lang, aber nicht einmal fünf Meter breit. Da passt der etwas biedere Ausdruck „Scheibenvilla“. Wir Nachbarn hängen uns ziemlich eng auf der Pelle, was Vor-, aber auch Nachteile hat. Zum Glück wohnen wir am (südlichen) Siedlungsrand und gucken aus der Siedlung hinaus auf das alte Gemäuer der Olympiahalle.
Hier am Rand hören wir nicht nur die Siedlungsgeräusche. Vorgestern saß ich im Corona-Modus (ein wenig niedergeschlagen) am Esstisch und bekam mit einem Mal Lust auf Vanilleeis. Eine hübsche Melodie hatte sich in mein Ohr geschlichen: Der Eismann ist da! Tatsächlich parkte direkt am Eingang der Siedlung ein Eiswagen, der von der Schäl Sick (also der rechten, „anderen“ Rheinseite) ins westliche Nippes gekommen war. Ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt.
In den 1960er Jahren, als die Straßen noch nicht so dicht und so lärmend befahren waren, machten sich fahrende Händler durch Melodien erkennbar. Im Ruhrgebiet, wo ich aufgewachsen bin, war es üblich, dass der Klüngelskerl die Flöte blasend (wahrscheinlich kamen die Flötentöne vom Band) durch die Straßen fuhr, um Schrott einzusammeln. Auch der Milchbauer hatte seine Erkennungsmelodie. Er verkaufte Eier und Milchprodukte, darunter einen flockigen Joghurt in der Halbliter-Glasflasche. Auf dem Boden der Flasche war ein fruchtiges Erdbeerpüree, das man untermischen konnte – oder auch nicht. Hauptsache, man selber konnte und bekam nicht die cremig gerührte Fertig-Mixtur. Lecker!
In Italien wird das Eis nicht in Bällchen- bzw. Kugelform verkauft. Doch in Deutschland, wo es in den 1950er und 1960er Jahren noch Milchbars gab, die ein bisschen steif waren, kamen gerade die Bällchen gut an.
Wenn Italiener wie Guiseppe Erba Eis verkaufen, verkaufen sie nicht nur Eis, sondern spielen immer auch Eisverkäufer. Und das oft brilliant. Dass man mit Eiskugeln sogar jonglieren kann, zeigt uns Guiseppe Erba auf seiner Facebook-Seite:
https://de-de.facebook.com/154388158037611/videos/vb.154388158037611/175200622623031/?type=2&theater
„Am 20. Dezember 1955“, so lese ich auf wikipedia, „unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland das erste Anwerbeabkommen für Gastarbeiter aus Italien.“ Der Wiederaufbau benötigte genau die Arbeitskräfte, ohne die es das deutsche Wirtschaftwunder nie gegeben hätte. Aber es gab noch ein ganz anderes Wunder. Was die Deutschen aus eigener Kraft nie geschafft hätten, das schafften die Italiener: Sie revolutionierten die deutsche Küche. Doch zunächst übersetzte man Spaghetti Bolognese hierzulande mit Lange Nudeln mit Krümelsoße. Es sollte noch viele Jahre dauern, bis die Deutschen begriffen, dass man Spaghetti, will man sie weich kochen, nicht durchbrechen muss.
Ui, das ist jetzt aber eine (gemeine) Unterstellung. Gefällt mir gar nicht!
Vielen Dank für den Hinweis. Ich bin zu weit gegangen und werde die Stelle verändern. Ich weiß, es gibt freundliche, den Menschen zugewandte Priester, die den Ausfall des Weißen Sonntags und der Kommunionsfeiern sehr bedauern.
Danke, es freut mich, dass Sie meine Kritik konstuktiv angenommen haben. Alles Gute und freundliche Grüße von der Gärtnerin mit dem gruenen Daumen.