Was macht eigentlich Greta Thunberg in den Zeiten von Corona? Gestern habe ich gelesen, dass sie vor zehn Tagen von einer Reise nach Mitteleuropa zurückgekehrt war, Symptome hatte und direkt in die private Quarantäne gegangen ist. Sehr wahrscheinlich hat sich Greta Thunberg mit Corona infiziert, ebenso wie ihr Vater. Beide haben sich nicht testen lassen. Das ist vernünftig. Bei einem so hochansteckenden Virus ist es wahrscheinlich, dass sie sich infiziert hat, so wie sich wahrscheinlich Millionen junger Menschen, die ja gerne feiern und verreisen, infiziert haben. Da Greta ein Vorbild ist, hätte sie viele junge Leute animiert, sich ebenfalls testen zu lassen. Das hätte das Gesundheitssystem noch mehr belastet. Sei umarmt, Greta!
In die Schule geht Greta zur Zeit nicht. Nach dem Abschluss der neunten Klasse im Jahr 2019 macht sie ein Jahr Pause, um anschließend aufs Gymnasium zu gehen. Schweden hat ein Schulsystem, wie ich es mir wünsche: Die Schüler gehen neun Jahre lang auf eine Gesamtschule, die anders als in Deutschland keine Angebotsschule ist, sondern eine Pflichtschule für alle. Neun Jahre lang dauert auch die Schulpflicht.
Schulen sind wichtig. Wir brauchen sie als Schutzräume, wo die Kinder und Jugendlichen zusammen kommen und gemeinsam miteinander und voneinander lernen. In Schweden bleiben trotz Corona alle Gesamtschulen geöffnet. Und das ist gut so, denn nur dann, wenn die Kinder zur Schule gehen können, können sie ihr Recht auf Bildung einlösen.
Erlebten wir eine Seuche, wäre es richtig, die Schulen zu schließen, aber Corona ist keine Seuche. In Deutschland, so fürchte ich, werden die Kinder nicht ernst genommen. Die Zwangsmaßnahmen unserer Regierung, vor allem die Schließung der Kindergärten und Schulen, treffen die, denen das Virus kaum etwas anhaben kann: Die Kinder. Kinder brauchen Grenzen, wird immer gesagt. Ja, aber vor allem brauchen sie Räume, wo sie sich frei entfalten können. Aber vor allem brauchen Kinder Kinder. Zur Zeit dürfen in vielen Ländern die Kinder nicht zu den Kindern. Neuerdings schaut man mit Misstrauen auf jedes Kind: Auch du könntest ein Überträger sein.

Der größte Spielplatz innerhalb der autofreien Siedlung. Bei schönem Wetter ist hier der Bär los. Das Spielzeug liegt rum, es gehört allen, hier nimmt keiner was weg. In Corona-Zeiten ist alles anders. Das Spielzeug ist liegen geblieben, aber die Kinder fehlen. Sie dürfen den Spielplatz nicht einmal betreten, um sich ihr Spielzeug zu holen. Als handele es sich bei der Sandfläche um ein Minenfeld.

Spielplatz in Westberlin nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl am 26.4.1986 © imago Foto: Jürgen Ritter. Offenbar war die Politik auch damals total überfordert. Was sich hier als Schutzmaßnahme ausgibt, sieht nicht nur ähnlich aus, sondern war ähnlich hilflos. Der Unterschied: Damals war wirklich eine (von Menschen verursachte) Katastrophe passiert. Uns Westdeutsche erreichte nur eine Wolke. Entsetzliche Folgen hatte das Unglück insbesondere für die Menschen in der Ukraine, die damals Kinder waren. Wir horchen auf, wenn wir hören, wie viele Kinder an Schilddrüsenkrebs oder Leukämie erkrankt sind. Was uns kaum aufhorchen lässt, ist die extrem hohe Zahl verschiedener psychischer und somatischer Erkrankungen. Das Unglück und das Verschweigen waren Angriffe auf das Leben und auf die Lebensfreude: “Nach dem Unfall im Kraftwerk Tschernobyl haben die Medien in der Sowjetunion zuerst geschwiegen. Obwohl sich das Ausmaß der Tragödie bereits am 27. April deutlich abzeichnete und die 50.000-Einwohner-Stadt Prypjat nahe dem Kraftwerk evakuiert wurde, rief die sowjetische Führung die Menschen trotzdem zur Teilnahme an den 1.-Mai-Feierlichkeiten auf.” Abgestempelt und vergessen: https://www.welt.de/politik/ausland/article154734463/Ich-das-Tschernobyl-Kind.html
Am Sonntag war die Schlange vor der Nippeser Bäckerei Güsgen noch länger als sonst, wegen des Sicherheitsabstands, den wir Kunden einhalten sollten. Wie immer waren viele Kinder dabei. Das hat einen Grund, denn Frau Güsgen mag die Kinder sehr. Jedes Kind, das in die Bäckerei kommt, kriegt ein kleines Schoko-Weckchen geschenkt. Frau Güsgen ist neugierig und fragt jedes Kind: “Habt ihr noch mehr Kinder zu Hause?” Und manchmal hört man Antworten wie: “Ja, meine Schwester. Aber heute übernachten noch vier andere Kinder bei uns.” Dann freut sich Frau Güsgen und packt 6 Weckchen in die Tüte. Hier in der autofreien Siedlung haben die Kinder oft Übernachtungsgäste. In Friedenszeiten sieht man am Wochenende oder in den Ferien jeden Abend Kinder mit Bettdecken unterm Arm von Haus zu Haus laufen. Sie wohnen nah beieinander. Ein bisschen ist es hier wie in Bullerbü.
Vor der Bäckerei stand ein Kind. Es war ein bisschen gelangweilt und bohrte in der Nase. “Nicht in den Mund stecken!”, schrie der Vater. Traurig: In den Zeiten von Corona ist den Kindern nicht einmal das Popeln erlaubt.

Im Ruhrgebiet, wo ich herstamme, heißen sie Stutenkerl, in Köln Weckmann. Sie sind das klassische Sankt Martins-Gebäck. Im letzten Jahr hatte Bäcker Güsgen zu Sankt Martin einen Riesen-Weckmann gebacken. Jedes Kind, das in die Bäckerei kam, kriegte an diesem Tage ausnahmsweise kein Schokoweckchen, sondern ein Stück Weckmann.
Am 6.4. würden in NRW die Osterferien beginnen. Doch in diesem Jahr fallen in ganz Deutschland die Osterferien aus. Denn wenn immer schulfrei ist, gibt es auch keine Ferien. Und wenn es keine Osterferien gibt, fällt auch die Vorfreude auf Ostern aus. Wie doof es sich anfühlt, immer Ferien zu haben, weiß Pippi Langstrumpf.
Astrid Lindgren: Pippi Langstrumpf
Aber die Lehrer haben schon Urlaub oder. Ich rechne eigentlich damit, dass in den Ferien keine aufgaben reinkommen. Was mich zugebenermassen in Angst und schrecken versetzt.
Zur Schulöffnung: weiss nicht, die Kinder übertragen ja trotzdem…..
Nicht mal popeln dürfen sie :). Das kommt die meinen auch herb an.
https://beatekalmbach.home.blog/corona/
ein Tagebuch