Aufmarsch der Boxershorts: Trauerredner Macron macht (unfreiwillig!) Werbung für Herrenunterwäsche!

Bei der Trauerfeier für den Ende 2023 verstorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble am 22.1.2024 gehörte der französische Präsident Emmanuel Macron zu den geladenen Gästen. In seiner Rede, die er weitgehend auf Deutsch hielt, sagte er: „Deutschland hat einen Staatsmann verloren, Europa hat eine Säule verloren, Frankreich hat einen Freund verloren.“

Als ich abends ins Internet guckte, um mir die Rede noch einmal anzuhören, begegnete mir Erstaunliches: Acht Sechsertrupps Männer-Unterhosen kamen mir -Macron flankierend- via Bildschirm entgegen: ein Aufmarsch der Boxershorts.

Aus der Internet-Werbung ist die Künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr wegzudenken. Was die Warenwerbung betrifft, funktioniert das dann so: Ich brauche keinen Katalog mehr durchzublättern, muss in kein Geschäft mehr gehen, denn die KI nimmt mir das ab und präsentiert mir, wofür ich mich interessiere, d.h., was ich angeklickt habe, etwa die aktuellen Tchibo-Angebote.

Man darf die KI nicht überbewerten, denn sie hat ein schlichtes Gemüt. Manchmal jedoch kreiert sie eindrucksvolle Collagen – so wie hier. Durchschaut die KI Macron? Weiß sie, dass der Mann zeigen muss, dass er ein Mann ist und kein Schuljunge mehr? Wir alle kennen die Geschichte. Emmanuel Macron lernte Brigitte Trogneux während seiner Schulzeit in Amiens kennen – sie war seine Französisch- und Theaterlehrerin, er ihr hübscher, kulturinteressierter Schüler. Macron musste die Schule verlassen, blieb aber Brigitte -wie man sagt- immer treu. Seit 2007 ist er ihr Ehemann.

Wie so viele Menschen fand ich die Liebesgeschichte einmal rührend und nett. Sie klingt ganz anders als die Skandalgeschichten früherer Präsidenten, vielleicht aber zu nett, zu rund, zu perfekt. Mittlerweile stimmt sie nicht mehr. Brigitte und Emmanuel wirken nicht wie ein Liebespaar, sondern wie Mutter und (verbitterter) Sohn. Macron, der mit Brigitte keine Familie mehr gründen konnte, muss als Präsident den Familienvater rauskehren. Und dieser Familienvater ist sehr autoritär.

Nur wenige Tage vor der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble hat Macron -kurz nach der Regierungsumbildung- während einer Pressekonferenz in Paris für verschärfte staatliche Erziehungsmaßnahmen plädiert. Bereits 2019 hatte Frankreich den bislang freiwilligen einmonatigen „Universellen Nationaldienst“ für junge Menschen zwischen 15 und 17 Jahren eingeführt, der ab 2026 verpflichtend sein soll. Jetzt aber will Macron noch einen Schritt weiter gehen. „Nationale Regeln zum Umgang mit Bildschirmen, Schuluniformen, Staatsbürgerkunde und Pflichtdienst an der Nation – mit diesen Themen dürfte Macron vor allem konservative Wähler angesprochen haben. Es gehe um »zivile Wiederaufrüstung«, erklärte Macron. »Frankreich muss Frankreich bleiben«, sagte er auch und griff damit einen Wahlkampfslogan des rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour auf.https://www.spiegel.de/ausland/emmanuel-macron-buhlt-um-konservative-waehler-a-db1d40ba-4544-4e37-8562-b6bda102bd39

Einen Monat später dachte ich, dass die KI, die, während Macron redete, Sechsertrupps Männerunterhosen aufmarschieren ließ, vielleicht doch eine Hellseherin ist. Denn Ende Februar sollte Macron bei einer Ukraine-Hilfskonferenz sagen, dass ein russischer Sieg in der Ukraine unbedingt verhindert werden müsse und er den Einsatz von Bodentruppen durch sein Land nicht ausschließe.

Doch warum bekomme ausgerechnet ich Unterwäsche-Werbung zugespielt, obwohl ich nie… Oder doch? Nun, die Lösung ist einfach: Meine Töchter, die wissen, was ihrer Mutter gefällt, hatten mir zu Weihnachten 3 Paar Socken (Tedi, 3 Euro) geschenkt. Ich mag aktuelle Scherzartikel, weil sie etwas über den geistigen Zustand der mittlerweile völlig verrohten und durchgeknallten Spaßgesellschaft erzählen.

Einkleiden für den nächsten Lockdown

Als ich „Strümpfe Scherzartikel Apollo“ in die Suchmaschine eingab, wurden mir „Fröhliche APOLLO Herrensocken“ angezeigt. Manche zeugten von ganz anderen Männerphantasien. Sie waren mit Astronauten und Raketen bedruckt und wurden angeboten als Space Rockets Motiv Socken Raketen + Astronauten Weltall dunkelblau mit viel Baumwolle, doch leider fand ich keine einzige Socke mit Spritzen, Masken und Fieberthermometern.

So stieß ich auf die Herren-Unterwäsche-Marke „Snocks“.

Das ist weder sexy noch sexistisch, sondern einfach nur albern. Moderne Werbung funktioniert so. Angesagt sind primitive Kalauer und blöde Reime, am besten aufgepeppt mit ein bisschen Pimmel-Prosa, so wie hier.

Doch apropos Gurke: Ich gehe davon aus, dass bei Macron die Unterhosen in Reih und Glied im Kleiderschrank stehen.

Elfchen im Dritten: Steinmeier, Frank-Spalter

Während der Pandemie zeigte sich, wie verengt und gönnerhaft der Blick von Politik-, Medien- und Wissenschafts-Prominenz auf Kunst und Kultur ist. Angela Merkel hatte bereits im Dezember 2020, als Kinos, Theater und andere Kultureinrichtungen im Zuge des sogenannten „Lockdown Light“ schon seit Wochen geschlossen waren, materielle Hilfe angekündigt und lobhudelnd gesagt: „Uns fehlt, was die Künstler uns dort sonst geben und was nur sie uns geben können.“ https://www.sn.at/kultur/allgemein/angela-merkel-uns-fehlt-was-die-kuenstler-uns-sonst-geben-96650659

Ist denn die Kunst ein Konsumartikel? „Was Frau Merkel sagt bzw. von ihren Textern diktiert bekommt, das klingt, als würde uns der Künstler seine Kunst servieren wie der Sterne-Koch sein Menu. Wir schlagen uns im Nobelschuppen den Bauch voll und lassen uns satt und edelfischzufrieden nach Hause kutschieren.“ https://stellwerk60.com/2021/10/17/all-the-worlds-a-stage-but-we-are-only-impf-potatoes/

Bereits am 1.10.2020 – zwei Tage vor dem Tag der Deutschen Einheit- hatte man unter dem Motto „Vereint und füreinander da“ neben anderen PR- und systemrelevanten Personen, darunter der Virologe Christian Drosten und die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, den Pianisten Igor Levit geehrt. Der sehr begabte, aber leider auch sehr gefällige Mainstream-Pianist hatte bereits einen Tag, nachdem aufgrund der „Pandemie“ alle öffentlichen Konzerte ausgesetzt worden waren, von seiner Wohnung aus per Twitter ein erstes Hauskonzert gestreamt. Diesem ersten Konzert sollte zwei Monate lang täglich ein weiteres folgen. (Wer sich ein Bild von Igor Levit machen will, der möge Harald Welschers differenzierte und scharfsinnige Stellungnahme zur Ordensverleihung lesen: deutschlandfunkkultur.de/bundesverdienstkreuz-fuer-igor-levit-ein-meister-der-100.html)

Genau ein Jahr später fand am 1.10.2021 unter dem Motto „Kultur ist Lebenselixier für alle“ wieder eine Ordensverleihung statt. Diese Veranstaltung „zum Tag der Deutschen Einheit“ war ausschließlich „Kunstschaffenden“ gewidmet. Im Rahmen der Verleihung sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Diese Ordensveranstaltung soll deshalb auch ein Zeichen sein: Wir dürfen nicht zulassen, dass einzelne Zweige unserer Kultur nach der Corona-Krise verdorren oder absterben.“ https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2021/10/211001-Ordensverleihung-TdDE.html

Hier tritt der Bundespräsident als Retter und Bewahrer „unserer Kultur“ auf. Eine hübsche staatsmännische Geste, aber hat nicht ausgerechnet Frank-Walter Steinmeier durch die Ordensverleihung für ein nachhaltiges „Verdorren“ gesorgt und maßgeblich dazu beigetragen, dass ein herausragendes Kunst-Projekt nach 25 Jahren gescheitert ist?

Anfang des Jahres 2024 wurde bekannt, dass Mitgründer Tobias Morgenstern das „Theater am Rand“ in Zollbrücke (Märkisch-Oderland) verlassen hat. Vorausgegangen waren schwere Meinungsverschiedenheiten der beiden Theatergründer, die sich insbesondere an den staatlichen Corona-Maßnahmen entzündet hatten. „Den Gründern sollte im Jahr 2021 das Bundesverdienstkreuz verliehen werden. Kurz davor wurde die Verleihung des Ordens an Morgenstern abgesagt. Eine Sprecherin erklärte dazu, es seien „konkrete Hinweise“ bekannt geworden, dass Morgenstern der Querdenker-Szene angehöre, hieß es damals von einer Sprecherin des Bundespräsidialamts.https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2024/01/tobias-morgenstern-verlaesst-theater-rand-zollbruecke-unterschiede-politik-haltung.html „Konkrete Hinweise“ klingt wie „sachdienstliche Hinweise“, die „jede Polizeidienststelle entgegen nimmt“. In diesem Fall heißt der Polizeioberwachtmeister Frank-Walter Steinmeier.

Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes (ausschließlich!) an Thomas Rühmann dürfte dann endgültig einen Keil zwischen die beiden Gründer getrieben haben. Frank Walter Steinmeier hat also -man kann es nicht anders sagen- im Jahr 2021 zwei Theatermacher gegeneinander ausgespielt. Dabei klang es wie ein Nach-Wende-Märchen: Im äußersten (aus westlich-bornierter Perspektive „kulturarmen“) Osten der Bundesrepublik Deutschland haben zwei in der DDR geborene Künstler vor 25 Jahren das „Theater am Rand“ gegründet und mit großem Erfolg einen abwechslungsreichen und anspruchsvollen Spielbetrieb aufgebaut.

Dass Thomas Rühmann nicht nur „Rühmann“ heißt, sondern seit 1998 in der Arztserie „In aller Freundschaft“ die Hauptrolle Dr. Roland Heilmann spielt, fand Steinmeier wohl chic. Steinmeier liebt die Darstellung, vor allem dann, wenn er selber der Darsteller ist. Seine Lieblingsrolle: Großer Staatsmann.

Peinlich wird es, wenn sich der Präsident volksnah gibt. In dem Zusammenhang hat sich das PR-Team Steinmeier schon manchen Fauxpas geleistet, z.B.: https://stellwerk60.com/2021/02/02/eine-peinliche-pr-panne-steinmeiers-fuchs-lebt-nicht-erst-neuerdings-in-bellevue-sondern-war-schon-unter-gauck-medien-liebling/

Hingegen ist der Präsident, wenn er vor geladenen Gästen seine Reden hält, in seinem Element. Frank-Walter Steinmeier wird, um dem Gesagten Nachdruck zu verleihen, gerne salbungsvoll. In seiner Rede vom 1.10.2021 greift er (bzw. sein Redenschreiber, vermutlich Wolfgang Silbermann, damaliger Leiter der Abteilung Strategische Kommunikation/Rede im Bundespräsidialamt) tief in die Trickkiste der manipulativen Rhetorik.

Zunächst schwört Steinmeier seine Hörerschaft auf ein Gemeinschaftsgefühl ein, um anschließend freudvoll zu spalten: Er treibt einen Keil zwischen die „vielen verschiedenen Bürgerinnen und Bürgern“, von denen die „lebendige Demokratie“ „gemeinsam getragen wird“, und die, die „wie geblendet, ja gefangenwirkenvon einem Kult des Irrationalen.“ In der schaurig überladenden Rede klingt das dann so:

In diesen Tagen erleben wir, wie zerbrechlich der Zusammenhalt in unserem Land ist, wie schnell Risse entstehen, ja: wie dünn der Firnis der Zivilisation tatsächlich ist. Wir erleben, dass eine kleine Minderheit von Menschen, die die Existenz des Virus leugnen oder seine Gefährlichkeit bestreiten, an den Rand der Gesellschaft rückt, sich entfremdet und wie geblendet, ja gefangen wirkt von einem Kult des Irrationalen. Wir erleben, dass sektiererische Gruppen sich radikalisieren und das wichtigste Prinzip unserer Demokratie missachten: Das Prinzip, Konflikte gewaltfrei, in friedlicher, respektvoller Diskussion zu lösen und Entscheidungen mit Mehrheitsbeschluss zu finden.“ https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2021/10/211001-Ordensverleihung-TdDE.html

Diese Rede ist nicht respektvoll, denn sie klärt nicht auf, sondern reproduziert und zementiert Vorurteile. Andersdenkende jedweder Couleur werden in einen Topf geworfen, Menschen, die das Virus leugnen, werden gleichgesetzt mit denen, die denken, dass das Virus niemals so gefährlich war, wie uns weisgemacht wurde. Zu Letzteren zähle ich mich. Von den Corona-Leugnern, die es ja wirklich gibt und denen ich auch manchmal begegnet bin, distanziere ich mich ausdrücklich. Wir haben versucht, miteinander ins Gespräch zu kommen, aber es war unmöglich.

Eine Frage bleibt: Warum war Frank-Walter Steinmeier, wenn er es für „das wichtigste Prinzip unserer Demokratie“ hält, „Konflikte gewaltfrei, in friedlicher, respektvoller Diskussion zu lösen“, so respektlos, Tobias Morgenstern erst ein- und dann wieder auszuladen?

Immerhin war das Team Steinmeier so schlau, Thomas Rühmann nicht am 1.10.2021 das Verdienstkreuz zu überreichen. Da die Solo-Verleihung während der „Ordensverleihung zum Tag der Deutschen Einheit“ öffentliche Aufmerksamkeit und gewiss auch Unmut erregt hätte, wurde sie auf später verschoben.

Ich persönlich finde es unverzeihlich, dass Thomas Rühmann nicht dem Beispiel der Künstlerin Hito Steyerl, die ebenfalls am 1.10. geehrt werden sollte, gefolgt ist und den Orden abgelehnt hat. Er hätte ja sagen können, dass er, was Corona betrifft, grundsätzlich anderer Meinung sei als sein Kollege Tobias Morgenstern, dass er aber gemeinsam mit Morgenstern das „Theater am Rand“ aufgebaut habe und sich dementsprechend nicht alleine für eine gemeinsame Lebensleistung ehren lassen wolle.

Ich sitze auf der Bank vor dem Nippeser Alnatura-Supermarkt. In letzter Zeit bin ich schnell erschöpft und muss, wenn ich einkaufen gehe, immer wieder Pausen einlegen. Die menschenfeindliche, höchst riskante und gefährlich unkluge bundesdeutsche Kriegs- und Gesundheitspolitik nagt an meiner Lebensfreude.

Zwei ziemlich alte Frauen setzen sich zu mir und nehmen mich -was mich irritiert- in die Mitte. „Das kommt davon, wenn man sich nicht an den Rand setzt“, sagt die eine und lacht.

„Ich kann auch gehen“, sage ich leise.

Die beiden Frauen rücken noch näher an mich heran. „Sie gehören wohl zu denen, die den Corona-Sicherheitsabstand insgeheim gut fanden“, sagt die eine.

„Ich halte gerne Abstand“, sage ich. „Aber nicht auf Befehl.“

„Weinen Sie?“, fragt die eine.

„Es ist, weil…“, fange ich an. Und dann platzt es aus mir heraus. Ich erzähle ihnen von der Preisverleihung und davon, wie sehr sich Steinmeier darin gefällt, Bundesverdienstkreuze zu verleihen und sich aufzuführen wie eine pädagogisch über-ambitionierte Grundschul-Lehrkraft, die Fleißkärtchen verteilt...

„Da passt das Kraftwort Lehrkraft“, sagt die Frau, die rechts neben mir sitzt. „Aber so neu ist die staatliche Bevormundung ja nicht.“

„Die Lage hat sich zugespitzt“, sage ich. „Während Corona waren wir alle im Umerziehungslager.“

„Aber Mädchen, da sind wir doch immer noch drin“, sagt die Frau, die links neben mir sitzt. „Nur bemerken die Menschen das nicht, denn wir haben alle Freiheiten. Wir können kaufen, was wir wollen, reisen, wohin wir wollen.“

***

Mein Elfchen des Monats ist diesmal der Mini-Dialog dieser beiden ziemlich alten, trotz alledem optimistisch und munter gestimmten Frauen.

„Dieser

Bundespräsident, wie

hieß der noch,

Frank-Walter?“ „Nee, Frank-Spalter doch.“

„Och.“

Angesichts der Tatsache, dass Corona weniger gefährlich war als behauptet, muteten die harten staatlichen Maßnahmen von Beginn an tragikomisch an.
Ein Heidelberger Spielplatz nach Wiedereröffnung unter Auflagen im Mai 2020. Früh übt sich, was ein Spitzel werden wird. Während der „Pandemie“ wurden bereits kleine Kinder, deren Sozialverhalten sich gerade erst entwickelt, gegeneinander ausgespielt. Mich erinnern die staatlichen Maßnahmen an die autoritären Erziehungsmethoden der 1960er Jahre.
Im katholischen Kindergarten wurden wir zum Petzen angehalten. Wenn wir beobachtet hatten, dass ein Kind etwas „Böses“ getan hatte, z.B. ein anderes geschubst, mussten wir auf das „böse“ Kind zeigen und laut singen: „Das wird gemeldet für… den Peter/die Elisabeth.“ Wenn die Erzieherin -durch unseren „Gesang“ angelockt- nicht selber kam, sind wir zu ihr gegangen und haben gepetzt. Wir waren fies, meinten aber, das einzig Richtige zu tun. Schließlich wurden wir für’s Petzen gelobt.
Körperkontakt vermeiden“, „Kein gemeinsames Essen und Trinken“ (Spielplatz, s.o.): Die kalten staatlichen Maßnahmen mit ihren Nähe-Verboten haben, so erzählte mir eine Grundschullehrerin, dazu geführt, dass viele Kinder nicht mehr mit anderen Kindern teilen können, sondern sich zunehmend berechnend verhalten.

Große Kunst: Das Meisterwerk „Allesdichtmachen“ und seine hoffnungsvolle, utopische Botschaft

Vielen Menschen sagt ein untrügliches Gespür für Machtmissbrauch, dass wir mit den staatlichen Corona-Maßnahmen überrumpelt wurden.

Tatsächlich war das interne Strategie-Papier aus dem Bundesinnenministerium zur Eindämmung der Corona-Krise vom 22. März 2020 so etwas wie eine Gebrauchsanweisung für Menschenführung in pandemischen Zeiten. Dieses Schriftstück war eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, aber am 1. April 2020 hatte das gemeinnützige Portal „Frag den Staat“ dankenswerterweise das vollständige, 17 Seiten lange Papier veröffentlicht.  In diesem Papier wurde ein Worst-Case-Szenario entwickelt, das auf Prognosen sogenannter Fachleute aus den Bereichen Medizin, Wirtschaft und Politik beruhte. Vgl.: https://stellwerk60.com/2023/10/31/elfchen-im-zehnten-man-muss/

Auch Gesundheitspsychologen und PR-Spezialisten, die wissen, dass und wie man Menschen mit Drohungen gefügig macht, dürften an der Ausarbeitung beteiligt gewesen sein. So ungeheuerlich es klingt: Uns Bürgerinnen und Bürgern sollte ganz bewusst via “Schockwirkung” Todes-Angst eingejagt werden. Auf der Grundlage dieses Strategie-Papiers, das der Rechtfertigung der völlig überzogenen staatlichen Maßnahmen diente, verpflichtete man uns während der „Pandemie“ -unter Androhung demütigender Sanktionen- zu einem bedingungslosen Gehorsam.

Nur klafften der heraufbeschworene Worst Case und die Realität schon bald auseinander, denn das Virus war bei weitem nicht so bedrohlich, wie man uns weismachen wollte. Doch anstatt sich zu entschuldigen und den eingeschlagenen Kurz zu korrigieren, hielt die Staatsführung geschlossen an ihrer Schreckens-Version fest, was, wie wir wissen, katastrophale Auswirkungen hatte, insbesondere für die Kinder.

Dieses Papier ist durchdrungen von Angst, aber nicht von der Angst vor Corona, auch nicht von der Sorge der Verantwortlichen um die Menschen, sondern von der Sorge der medialen, politischen und wissenschaftlichen Elite um die eigenen, mit nichts mehr zu rechtfertigenden, aber ins Monströse gewachsenen Privilegien.

Gearbeitet wurde bei der Erstellung -fernab jeglicher Moral- mit den Mitteln der „Schwarzen Pädagogik“ (Terminus: Katharina Rutschky). Mit der Liberalisierung der Erziehung und der Abschaffung von körperlicher Züchtigungen, insbesondere der Prügelstrafe, schien die Schwarze Pädagogik überholt zu sein, doch sie kehrt derzeit mit Wucht zurück und hat in der neoliberalen, autoritären Gesellschaft der Gegenwart Hochkonjunktur.

Dabei ist ihr Gedankengut primitiv. Der „Struwwelpeter“, zentrales Werk der Schwarzen Pädagogik, „arbeitet mit simplen Tricks. Wenn die Kinder nicht gehorchen, drohen die schlimmsten Strafen, bis hin zu Verstümmelung oder Tod. Und diese Strafen -das erzählt uns der „Struwwelpeter“- haben sich die Kinder auch noch selber eingebrockt.“ https://stellwerk60.com/2023/01/31/elfchen-im-ersten-der-schneidge-mit-der-scher/ Im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen wurde jedoch nicht „nur“ Kindern mit schwerer Bestrafung gedroht, sondern uns allen.

Doch dann, Ende April 2021, als ich das Gefühl hatte, dass fast alle Mitmenschen Mitläufer oder völlig verblödet sind und dass die Kunst nur noch gefällig ist, als ich die Hoffnung fast aufgegeben hatte, fand ausgerechnet im geldverblendeten Biederland Deutschland etwas statt, womit nicht mehr zu rechnen war: Große Schauspielkunst. Unter dem Hashtag #allesdichtmachen taten sich etwa 50 teils prominente deutschsprachige Schauspieler ♀︎+♂︎, darunter Tatort-Stars) zusammen, brachten eine ganz andere Perspektive ins Spiel und öffneten den Blick für die irrationalen Abgründe der bundesdeutschen Corona-Politik. Initiator war -in Zusammenarbeit mit einigen Schauspielern- der Drehbuchautor und Regisseur Dietrich Brüggemann.

Die dramatische Idee, die als roter Faden die meisten Beiträge durchzieht, ist so einfach wie genial: Die (Selbst)- Darstellung der „Identifikation mit dem Aggressor“ (Terminus: Anna Freud).

Wir kennen die „Identifikation mit dem Aggressor“ vor allem aus dem privaten Kontext: Weil die geschlagene Frau panische Angst hat, hält sie den schlagenden Mann („Wenn ich nur wollte, könnte ich dich töten, aber ich schone dich, also sei lieb zu mir…“) bei Laune. Um ihn nicht noch mehr zu verstimmen, sagt sie JA , macht ihm Geschenke, lächelt, schweigt, nimmt ihn nach außen in Schutz, bedient ihn und opfert ihm ihre physische und psychische Gesundheit.

Während der „Pandemie“ wurde uns permanent die Identifikation mit dem Aggressor abverlangt, ein freudvolles JAWOLL zu den autoritären Zumutungen, auch zu den meines Erachtens körperverletzenden medizinischen Maßnahmen Maskenpflicht, Corona-Tests und Impfung.

In ihren kurzen Videos führen die Akteure kein Stück des Absurden Theaters auf, sondern -satirisch überspitzt- ihr eigenes Leben vor, das mit der „Pandemie“ ins Absurde abgerutscht ist. In den etwa ein- bis zweiminütigen Spots stellen sich die Akteure kurz namentlich vor und erzählen uns ihre Corona-Geschichte.

Als ein schönes Beispiel sei das Video der Schauspielerin Nadine Dubois genannt. Nadine Dubois steht vor einer weiß getünchten Wand, einer weißen Gardine. Weiß ist auch das ärmellose Hemd, das sie trägt. Wir hören sanfte, beruhigende Musik und Vogelgezwitscher. Nadine Dubois sagt: „Hallo… Ich bin Nadine Dubois, ich bin Schauspielerin, und ich schütze mich und andere, indem ich zu Hause bleibe. Das kann ich mir zum Glück leisten. Es gibt ja auch für alles Lieferdienste. Die kommen dann hier her und bringen mir Sachen, damit ich nicht raus muss. Und es gibt zum Glück die Müllabfuhr und Wasser und Strom… So viele Menschen da draußen krempeln die Ärmel hoch und packen mit an, damit ich hier sitzen und andere schützen kann… Das finde ich gut. Nicht gut finde ich, wenn diese Menschen dann am Wochenende rausgehen aus ihren kleinen, dunklen Wohnungen und sich in den Park setzen. Dann gehe ich auf meinen Balkon, mache davon Fotos und schreibe auf Twitter, dass sie schrecklich egoistisch sind… Und dann gehe ich auf meine Dachterrasse, lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen und fühle mich gut, weil ich mich und andere schütze… Bleiben Sie gesund und machen Sie’s genauso.“

Text und Darstellung sind großartig. Ein Kunstgenuss! Unbedingt angucken: https://www.youtube.com/watch?v=9_8qOybNDoU

Vermutlich hatten sich die Schauspieler erhofft, verstanden zu werden (auch von den politisch Verantwortlichen), wachzurütteln und Beifall zu bekommen. Das war naiv, doch ohne Naivität wäre diese wunderbar kompromisslose Ensemble-Arbeit wohl nie entstanden oder harmlos ausgefallen. Die Öffentlichkeit hatte nicht die Größe, sich auseinanderzusetzen. Autoritäre Charaktere machen gerne biedere Scherze, aber sie können nicht über sich selber lachen.

So waren die Reaktionen überwiegend böse. Medien und Politik konterten -ohne dass man sich tiefer auseinandersetzte- mit den immergleichen 08/15 – „Argumenten“. Den Akteuren wurde vorgeworfen, Coronaleugner zu sein und der AFD nahe zu stehen. Das war aggressiv und völlig aus der Luft gegriffen, ebenso wie der Vorwurf, die Schauspieler hätten kein Mitgefühl für die Todkranken auf den überfüllten Intensivstationen, die es -nebenbei gesagt- nie gegeben hat (bis auf ein paar Ausnahmen in Ostdeutschland), was die Gesundheitspolitiker damals schon wussten, aber wohlweislich verschwiegen haben.

Eine der aggressivsten Reaktionen, die wohl höhnisches Gelächter ernten sollte, kam von Adolf Winkelmann. „Der Dortmunder Regisseur Adolf Winkelmann bezeichnete die Aktion gegenüber den WDR als „überflüssig“. Sie verwundere ihn aber nicht. „Das sind ja Schauspieler, die wir kennen und die uns immer Texte von klugen Autoren vortragen“, sagte er. „Das, was da jetzt im Netz steht, passiert, wenn man Schauspielern das Drehbuch wegnimmt.“ https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/alles-dicht-machen-corona-kritik-kampagne-100.html

Es ist kein Zufall, dass es nicht Literaten oder bildende Künstler waren, die den Hashtag #allesdichtmachen kreierten, sondern Schauspieler. Gute Schauspieler lernen ja nicht nur den Text auswendig. Sie besitzen eine besonders große Menschenkenntnis, denn sie betrachten die Figuren nicht nur, sondern verkörpern sie und müssen, wollen sie deren Innenwelt begreifen, mit Haut und Haar in sie schlüpfen. Sie verleihen ihr ihre Stimme, ihre Sinne, ihre Bewegungen und ihre Verstand. Gute Schauspieler haben ein Gespür dafür, was zwischen den Personen passiert, für Macht und Ohnmacht, dafür, wie Menschen fertiggemacht und gedemütigt werden.

Wohl alle kennen eines der größten dramatischen Kunstwerke in deutscher Sprache, das Fragment „Woyzeck“ von Georg Büchner. Es erzählt die Geschichte des Soldaten Woyzeck, der erniedrigt, getreten, betrogen und am Ende hingerichtet wird, weil er die tötet, die ihm die Nächste ist, seine Geliebte. Gedemütigt wird Woyzeck auch als Opfer eines brutalen medizinischen Menschenversuchs, der nicht nur dramatische Fiktion ist, sondern unter der Leitung des Chemikers Justus von Liebig (1803-1873) im Jahr 1833 tatsächlich stattgefunden hat. „Ein berühmter Neurologe war Zeuge des wohl ersten Experiments zur Frage, ob Hülsenfrüchte Fleisch ersetzen können. Nach seiner Schilderung musste der Proband drei Monate lang Erbsbrei essen – und nichts als Erbsbrei. Der kommerzielle Hintergrund der Studie: Gelänge es teures Fleisch durch Trockenerbsen zu ersetzen, so könnte man das Militär und das Proletariat viel billiger verköstigen.“ https://www.deutschlandfunkkultur.de/im-erbsenwahn-100.html

Dem Autor des DLF-Beitrags „Im Erbsenwahn“ verdanke ich ein Aha-Erlebnis. Udo Pollmer schreibt: „Versuche am Menschen waren damals normal. Niemand wäre auf die Idee gekommen, Ernährungsfragen am Tier zu testen – gab es doch genug Menschen, die entweder aus Armut mitmachten oder die dazu gezwungen werden konnten. Der Tierversuch kam erst auf, als das Leben eines Menschen mehr Wert hatte als das Leben einer Ziege.

Was heißt das für die Jetztzeit? Schließlich sind Menschenversuche wieder Gang und Gebe. Das bedeutet aber nicht, dass das Leben eines Nutztiers wieder mehr Wert hat als das Leben eines Menschen. Es bedeutet vielmehr, dass vor einer immer weiter in die Irre abdriftenden Wissenschaft alle Kreaturen, Mensch und Tier, gleich (=gleichgeschaltet) sind.

Um Woyzecks Innenwelt zu bebildern, lässt Büchner „die Großmutter“ draußen vor der Tür den Kindern ein Märchen erzählen.

Es war einmal ein arm Kind und hat kei Vater und keine Mutter war Alles tot und war Niemand mehr auf der Welt. Alles tot, und es ist hingangen und hat gerrt Tag und Nacht. Und wie auf der Erd Niemand mehr war, wollt’s in Himmel gehn, und der Mond guckt es so freundlich an und wie’s endlich zum Mond kam, war’s ein Stück faul Holz und da ist es zur Sonn gangen und wie’s zur Sonn kam, war’s ein verwelkt Sonneblum. Und wie’s zu den Sterne kam, warn’s klei golde Mücken, die warn angesteckt wie der Neuntöter sie auf die Schlehe steckt und wie’s wieder auf die Erd wollt, war die Erd ein umgestürzter Hafen und war ganz allein und da hat sich’s hingesetzt und gerrt, und da sitzt‘ es noch und ist ganz allein.“

Dieses Märchen, das vom Sterntalermärchen inspiriert ist, ist absolut trostlos. Während das Mädchen im Sterntalermärchen selbstlos handeln kann, weil es an Gott glaubt, hat das Kind im „Woyzeck“ nicht nur beide Eltern verloren, sondern Glaube, Liebe und Hoffnung. (Der reale Soldat Johann Christian Woyzeck (1780-1824), Vorbild für die Dramenfigur, musste mit acht Jahren den Tod der Mutter und mit 13 Jahren den des Vater verkraften.)

Heutzutage würde Büchner die Geschichte anders erzählen. Das Kind kommt in die staatliche Fürsorge, wird eingekleidet, ernährt, medizinisch betreut. Es wird mit Illusionen versorgt und lernt, glücklich zu sein:

Lächele, dann lächeln die Leute zurück. DU BIST NICHT ALLEIN. Und sollte einmal ein arm Kind sagen, dass der Mond „ein Stück faul Holzist, nimm es nicht ernst, es hat nur schlecht geträumt. DU BIST NICHT ALLEIN. Du kannst dir einen neuen Mond kreieren, kauf dir neue Materialen und…

Und sollte man dir erzählen, dass die Erd ein umgestürzter Hafen ist, dass die Meere wärmer werden und über die Ufer treten, dann darfst du das nicht glauben. DU BIST NICHT ALLEIN. Kauf dir ein Ticket für die weite Welt, setz dich in den Flieger und…

Die Sprache der Schirme: Wie Ursula von der Leyen durch den Bayreuther Regen rutschte, aber im (Dressur-) Sattel blieb

Der Besuch der Oper vermittelt einem gutbürgerlichen Publikum das Gefühl, zu einer geistigen Elite zu gehören. Dass das gehobene Wir-Gefühl aufkam, dafür sorgten Komponisten bereits im 19. Jahrhundert, Meister der Manipulation und Menschen-Verführer.

In einem munteren und erhellenden DLF Kultur– Beitrag schreibt Musikjournalist Uwe Friedrich: „Die Oper ist kitschverdächtig. Viele Komponisten wussten genau, wie sie ihr Publikum zum Schluchzen bringen. Der Größte in dieser Disziplin: Giacomo Puccini. Bei seinen Opern weiß man schon vorher, wann die Taschentücher im Zuschauerraum rascheln… Die richtig kitschige Liebe endet in der Oper meistens tödlich. Das gibt den wohligen Schauer im Zuschauerraum: Uns geht es doch vergleichsweise gut, jedenfalls leben wir noch…https://www.deutschlandfunkkultur.de/kitsch-in-der-oper-hochzeit-wahnsinn-und-tod-100.html So ging es dem Opern-Besucher im 19. Jahrhundert bereits ähnlich wie dem Tatort-Zuschauer der Gegenwart. Das blutige bzw. ausgeblutete (Gerichtsmedizin) Geschehen auf dem Bildschirm erregt das Publikum, aber gleichzeitig gestattet es ihm eine angenehme Sicherheits-Distanz.

Auch in Bayreuth hat man die Musen im Griff. Alle geladenen Gäste können sich sicher sein, dass von der Bühne keine Gefahr ausgeht. Unten stehender „Hinweis auf Termine von Ministerpräsident Dr. Markus Söder“ nennt nicht einmal den Titel der Oper, die zur Eröffnung der Richard-Wagner-Festspiele gezeigt wird.

Unter der Leitung von Söder und von der Leyen befasst sich das Bayerische Kabinett, so lesen wir, „insbesondere mit Europathemen“, vermutlich mit „Themen“ der Gesundheits- und Kriegspolitik. Die Heldin von Bayreuth ist keine Opern-Diva, sondern die allgegenwärtige Präsidentin der EU-Kommission: Ursula von der Leyen.

Ich wünsche mir so sehr, dass die unaufhaltsame Ursula von der Leyen, die sich, bevor sie in Bayreuth war, wie schon im Jahr zuvor bei den Salzburger Festspielen zeigte, endlich einmal Urlaub macht, dass sie in sich geht und sich fragt: Was mache ich da?

In der Mediathek von ntv gibt es ein sehr schönes Video zur Festival-Eröffnung im Jahr 2023. Auch wenn „Bayreuth“ nach allen Seiten hin abgesichert ist, lassen sich die Auftritte der Polit-Prominenz nicht perfekt inszenieren. Was ist, wenn der Rote Teppich total durchnässt ist, weil’s heftig regnet? Genau das ist in Bayreuth im Jahr 2023 passiert. In einem kleinen Film voller Slapstick-Momente, die man besser nicht hätte inszenieren können, erleben wir die Polit-Prominenz in einem minutenlang andauernden Platzregen. Markus Söder sehen wir vorerst nicht, weil der beleidigt ist und sich zunächst weigert, aus dem Auto auszusteigen. Als er dann endlich aus der Limousine aussteigt, ach was: springt (!), wird er von vier schützen wollenden Sicherheitskräfte flankiert, die aber auch nichts weiter zu bieten haben als große, durchsichtige Schirme.

Und wir sehen Ursula von der Leyen, die in den Wetterbericht geguckt und sich für ein regenfestes knitterfreies Plisseekleidchen entschieden hat. Das praktische Kleidungsstück schützt die Präsidentin der EU-Kommission zwar nicht davor, auf regennasser Treppe zum Festspielhaus auszurutschen, doch die geübte Dressur-Reiterin fängt sich schnell. https://www.n-tv.de/mediathek/videos/panorama/Bayreuth-holt-Wagners-Parsifal-ins-digitale-Zeitalter-article24285183.html

Der Film gibt uns auch einen Eindruck davon, was ein Opern-Zuschauer empfindet, der eine sogenannte AR-Brille trägt. Mit solchen Augmented (=erweiterte) Reality (AR-Brillen) war ein Teil der Zuschauer (♀+) ausgerüstet worden, aber nur die auf den hinteren Rängen, denn mit dem Zuschauerraum im Rücken funktioniert der „Zauber“ nicht.

Um die schwer in die Jahre gekommene Bayreuther Oper aufzupeppen und um ein junges Publikum zu erreichen, hatte die Festspielleitung für die Inszenierung des Parzival den US-amerikanischen Regisseur Jay Scheib engagiert, Professor am MIT (Massachusetts Institute of Technology) für Musik und Theaterkunst.

Ausschnitt aus dem NTV-Video. Bildmaterial/Quelle: „Gesellschafter der Bayreuther Festspiele“. Im Film sehen flatternde Schmetterlinge, durch den Raum segelnde Papierschnipsel und einen schwebenden Meteoriten. Aber die Brille bietet, wie ich lese, noch mehr: Gewitter-Blitze, sich durch den Raum bewegende, menschlich anmutende Figuren…

Scheib und sein Team arbeiten seit Jahren an der Frage, wie man Neue Technologien im Theater einsetzen kann. Um es vorweg zu nehmen: Das Experiment konnte nicht wirklich überzeugen, auch wenn ihm „Potential für die Zukunft“ bescheinigt wurde.

Dabei hatte Scheib im Vorfeld sein Projekt gegenüber der Nachrichtenagentur dpa noch vollmundig angepriesen: „Die AR ist da, um uns einen Blick erhaschen zu lassen in eine Welt, in der es noch Visionen geben kann und wo noch Dinge existieren, auf die wir nicht mehr achten. Außerdem können wir den Raum erweitern, das Bühnendesign. Wir können im Theater sitzen und trotzdem nach draußen auf den Hügel schauen. Wir werden die Mauern explodieren lassen, wir werden sie verschwinden lassen und das szenische Design fast bis zur Unendlichkeit ausweiten. Dinge werden durch die Luft fliegen.“ https://www.br.de/nachrichten/kultur/bayreuther-festspiele-starten-ein-open-air-zum-auftakt,TkuHeis

„Dinge werden durch die Luft fliegen…“ Man will, man muss sich vor solchen „Versprechungen“ in Sicherheit bringen. Das ist Kitsch. Zum Glück hat mich ein Artikel der Abendzeitung München (Autor: Robert Braunmüller) beruhigen können:
Tatsächlich erinnern die Bayreuther Bilderzuspielungen im Vergleich zu dem, was im Kino oder in Spielen dank Computer Generated Imagery (CGI) Alltag ist, an den guten alten Bildschirmschoner. Tauben und Schwäne fliegen scheinbar durch den Zuschauerraum, im dritten Akt schwimmt allerlei Müll von der Plastiktüte bis zu alten Autobatterien vor den Augen des Brillenträgers vorbei… Höhepunkt des visuellen Spektakels ist der einstürzende Zuschauerraum des Festspielhauses am Ende des zweiten Akts. Und ganz zuletzt schwebt wie anno 1882 die Gralstaube über Parsifal und den übrigens Erlösten.https://www.abendzeitung-muenchen.de/kultur/buehne/ar-brillen-enttaeuschen-bei-parsifal-auf-den-bayreuther-festspielen-art-917103

Eine gewisse Genugtuung kann ich mir nicht verkneifen.

„In Düsseldorf ist Prahlhans Bürgermeister“ – Eine Begegnung mit der Frau Keuner

Es gibt Leute, mit denen man niemals eine Wette abschließen sollte. Zu diesen Leuten gehört meine Nachbarin, die Frau Keuner. Im letzten Jahr haben wir eine Wette abgeschlossen, und zwar ging es da um die Neujahrsglückwünsche der Stadt Köln.

Wir waren uns kurz nach Weihnachten 2022 an der Zonser Straße über den Weg gelaufen. Die Frau Keuner auf dem Rückweg vom NETTO, ich auf dem Weg dahin.

Köln-Nippes, Bushaltestelle Zonser Straße, 10. Januar 2023

„Wat sagst du dazu“, hat die Frau Keuner damals gesagt und auf das Weihnachtsplakat gezeigt, das an der Bushaltestelle hing. „Da hat man einmal im Jahr Augenkontakt mit der Oberbürgermeisterin, wenn auch nur über ein Plakat. Dat letzte Bissken Bürgernähe. Und wat passiert? Die Stadt Köln bildet die Frau Reker nicht mehr ab. Und dat Plakat is so gesichtslos, dat könnte genau so in einer Bank-Filiale hängen. Sind wir Kunden oder wat?“

„Ich versteh das schon“, hab ich gesagt. „Es gab es doch vor zwei Jahren hier in Nippes diesen Anschlag auf das Weihnachts-Plakat, mitten im Lockdown. Damals hat die Frau Reker noch ihr Gesicht gezeigt. Aber irgendwer hat dann ihrem Konterfei eine schäbige Corona-Maske verpasst. Niemand hat sich die Mühe gemacht, die Maske zu entfernen. Überall liefen Personen vom Ordnungsamt rum, die hätten das ja machen können. Aber die waren damit beschäftigt, Atteste zu kontrollieren und Leute ohne Maske zu ertappen. Ich kenn jemanden, der unmaskiert in der U-Bahn war. Da haben die Ordnungskräfte an Heiligabend seinen Hausarzt privat angerufen und gefragt, ob das Masken-Attest auch seine Richtigkeit hat.“

„Und, hatte?“, unterbrach mich die Frau Keuner.

„Hatte.“

„Die Stadt spart“, hat die Frau Keuner gesagt. „Irgendwer muss denen doch die Sanierung der Oper finanzieren. Ein Plakat ohne Reker kann die Stadt Köln im nächsten Jahr wiederverwenden. Und Lisa, ich sach dir, ganau dat wird passieren.“

Weil ich das nicht glauben wollte, bin ich damals richtig heftig geworden: „Die Kölner Kommunalpolitik ist zwar nicht gerade bürgerfreundlich, aber so primitiv doch auch nicht. Unsere OB ist vielleicht ein bisschen leidenschaftslos, aber die Stadt Köln wird doch die alten Glückwünsche nicht noch mal aufwärmen. Frau Keuner, das glauben Sie doch selber nicht! Das wäre so, als würde man Weihnachtskarten vom Vorjahr verschicken. Das fällt doch auf. Frau Keuner, das wäre eine richtig fiese Resteverwertung. So geht man mit uns Menschen nicht um, nicht einmal in Köln! Die Stadt ist doch kein Wirtschaftsunternehmen.“

Die Frau Keuner hat nur gegrinst: „Um was wetten wir?“

Als dann ein Jahr später mein Blick auf die EXPRESS-Schlagzeile „Müssen den Gürtel enger schnallen“ fiel, kam mir die Wette wieder in den Sinn. Ich ahnte, dass die Frau Keuner Recht behalten könnte und dass ich mal wieder viel zu gutgläubig gewesen war. Doch weil ich an Köln hänge, tat es richtig weh, zusehen zu müssen, wie die Stadt zunehmend verrohte. Was war los mit unserer Kommunalpolitik, wenn die OB mit einer bieder-bevormundenden Redewendung lächelnd Sparmaßnahmen ankündigte, während zahlreiche Rentner kaum noch über die Runden kamen, Bürgergeld beantragen mussten und aus ihrem Veedel herausgedrängt wurden?

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Um das Interview mit Frau Reker zu lesen, habe ich mir am 16.12.2023 den EXPRESS gekauft. Henriette Reker (S.20): “Priorisieren heißt für mich, das Geld dort auszugeben, wo es absolut wirksam ist. Zeitenwende heißt für uns alle, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen.“ Ich kenne die spießige Redewendung aus meiner Jugend, als Familienväter das halbe Einkommen versoffen und zuhause gesagt haben: „Wir kommen schon über die Runden, wir müssen nur den Gürtel enger schnallen.“ Die Stadt Köln verhält sich wie der versoffene Familienvater, schlimmer noch: Die Stadt verhält sich wie der versoffene Familienvater, der, um den Suff zu finanzieren, die Sparschweine der Kinder plündert. Denn die, die den Gürtel enger schnallen sollen, das sind nicht die Politiker, sondern wir, diejenigen, die hier Steuern zahlen, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Köln.

Aber dann kam es nicht nur so, wie es die Frau Keuner vorausgesagt hatte, sondern schlimmer. viel schlimmer.

Das Plakat vom Vorjahr wurde tatsächlich wiederverwendet. Aber nicht nur das: Ausgerechnet in Köln-Nippes, direkt gegenüber vom Golde Kappes, ausgerechnet an einer Stelle, wo am Karnevals-Dienstag der Nippeser Veedels-Zoch entlangläuft, hatte man kurz vor Weihnachten das alte Plakat platziert und noch dazu in einer beweglichen Werbetafel mit Parfüm-Werbung zusammengebracht. War das bewusst geschehen oder nur passiert, weil die Presseabteilung der Stadt Köln den Überblick verloren und die Platzierung der Weihnachts-Botschaft nicht ausreichend kontrolliert hatte?

So oder so war es beschämend. Hatte der ehrgeizige Kölner Pressesprecher Alexander Vogel (FDP) den Fauxpas zu verantworten? Zweimal bereits war der smarte Herr Vogel in den letzten Jahren politisch gescheitert. Im Jahr 2021 hatten die GRÜNEN Vogels Vorhaben, auf Wunsch der Oberbürgermeisterin ihr Büro zu leiten, vereitelt. Und im Juni 2023 hatte der Wuppertaler Stadtrat Herrn Vogel, der sich in Wuppertal als Beigeordneter beworben hatte, bei einer geheimen Abstimmung wider Erwarten abgelehnt. Für die Niederlage mitverantwortlich war vermutlich eine schwere Medienpanne. Radio Wuppertal hatte bereits im Vorfeld Alexander Vogel zum Dezernenten gekürt. Eine Woche vor der Abstimmung lautete dort „vorlaut“ die Schlagzeile: JETZT OFFIZIELL: FDP-VOGEL WIRD DEZERNENT. https://www.radiowuppertal.de/artikel/jetzt-offiziell-fdp-vogel-wird-dezernent-1671356.html

Als sicher gilt, dass Alexander Vogel mit dem Ende der Ära Reker seinen Pressesprecher-Posten verliert. Niederlagen sind nicht gerade motivierend, aber man kann erwarten, dass ein Mann, der den Posten des Pressesprechers einer Millionenstadt innehat, seine Aufgaben mit Sorgfalt zu Ende führt.

War Alexander Vogel (FDP) jetzt alles egal? Mit erfolgsverwöhnten Jung-Politikern war, wenn sie scheiterten, nicht zu spaßen.

„Lecker, wa?“, sagt die Frau Keuner und grinst.

Wir sitzen an einem frühen Januar-Abend im Golde Kappes. Kürzlich hat man den goldenen Kohlkopf, der über dem Eingang hängt, abgenommen, weil er aufpoliert werden muss, aber das Kölsch schmeckt wie immer, vor allem der Frau Keuner. Die ist ausgesprochen gut gelaunt, wo sie doch die Wette gewonnen hat. Angeblich haben wir darum gewettet, dass ich sie ein ganzes Jahr lang mindestens einmal pro Woche auf ein Kölsch einlade, und „ein Kölsch“ ist für die Frau Keuner kein Singular.

Als die Frau Keuner im Dezember das Plakat vom Vorjahr entdeckt hat, hat sie direkt einen Lachanfall gekriegt. Sie hat dann die Beweis-Fotos an mich und ihre Düsseldorfer Bekannten geschickt, die sich natürlich total beömmelt haben. Die Frau Keuner und ihre Bekannten, das war eine Köln-Düsseldorfer Selbsthilfegruppe. Man schickte sich Fotos und lachte gemeinsam über die Missgeschicke der Düsseldorfer und der Kölner Kommunalpolitik. Fast alle Mitglieder der Selbsthilfegruppe waren Rentner, ungeimpfte Querdenker mit Galgenhumor.

„Dat der Kopp von der Frau Reker weiterhin fehlt, is ja schon praktisch“, sagt die Frau Keuner. „Sonst würde er sich mit dem von dem Model inne Wolle kriegen. Aber die Grafik ist ja mal mal wieder total misslungen. Wenn man ein Model zeigt, das feuchte Haare hat, muss man beachten, dass es in Köln viel regnet und eine Feuchtfrisur während einer lang anhaltenden Feuchtwetterphase, wie wir sie hatten, nicht gut ankommt. Und dat kräftige Teil im Bildvordergrund, dat den halben Raum einnimmt, is die fette Pfote ein Unterarm oder wat? Ich glaub ja, dass die Collage bewusst komponiert ist. Schwarzweißchen und Rosenrot, passt doch. Es wird ja gemunkelt, dass der Alexander Vogel ein Faible für Duftwasser hat, aber ich sach dir, Lisa, dass die Frau Reker als OB der Stadt von 4711 und Farina mitten im Weihnachtsgeschäft Werbung für ein Duftwasser von Narciso Rodriguez macht, dat geht nich.“ Während ich noch am ersten Kölsch nippe, setzt der Köbes der Frau Keuner ein drittes Glas vor.

„Ich will nicht wissen, wie die Reker riecht“, sagt die Frau Keuner. „Überhaupt kriegt man die Promis ja selten zu riechen. Aber Im Internet gibt es überall Informationen über die Lieblingsdüfte der Stars. Schauspielerinnen, Sängerinnen, Influenzerinnen. Der Elon Musk hat ja auch sein eigenes Müffel-Parfüm auf den Markt gebracht. Wenn du berühmt bist, kriegst du alles verkloppt. Frag mal die Kate. Die maßgeschneiderten Designer-Klamotten und der Schmuck von Diana sind natürlich unverkäuflich, aber die einfachen Klamotten, die die Kate in der Öffentlichkeit trägt, sind immer direkt ausverkauft. Und ihr Lieblingsparfüm gibt es für 67 Euro bei amazon. Dabei weiß die Kate, dass die Blase platzen und der Geld-Segen verpuffen kann. Hat sie ja gerade mit dem Partyartikel-Unternehmen ihrer Eltern erlebt. So schnell geht dat. Aber ich sach dir, Lisa, ich würde dir raten, doch nicht nach Düsseldorf zu ziehen.“

„Aber das hab ich auch gar nicht vor!“

„Ich hab da was von Unterbilk gehört“, sagt die Frau Keuner. „Aber Düsseldorf toppt Köln, was die Weihnachtsbotschaft und den Oberbürgermeister angeht.“ Und dann kreiert die Frau Keuner noch einen Kalauer, der so schön doof ist, dass sie sich damit als Büttenrednerin im Kölner Karneval bewerben könnte: „In Düsseldorf ist Prahlhans Bürgermeister.“

Dr. Stephan Keller, Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf. Ich habe das Plakat von einem Beitrag in der NRZ abfotografiert. Dieser bilderreiche Artikel, der zwei Autoren hat (Stephan Wappner und Celina Klauser), zitiert zahlreiche überwiegend kritische Reaktionen von Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürgern sowie aus der Lokalpolitik. Mein Lieblingsdüsseldorfer heißt Christoph S.: „Statt Geld für eine menschenfreundliche Stadt bereitzustellen, wird auf eine immer mehr zum Randphänomen werdende christliche Tradition Bezug genommen. Ästhetisch und politisch ist das Ganze nah an Rotbäckchen und Zwieback!“ (Fettung von mir) https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/duesseldorf-weihnachts-plakat-von-ob-keller-stoesst-auf-kritik-id240840948.html

Und weil der Köbes der Frau Keuner ein fünftes Glas Kölsch hinstellt, ohne dass sie es bestellt hätte -aber so ist das in den kölschen Braustuben eben-, ist die Frau Keuner so lustig und bescheuert drauf, dass sie den Bürgermeister mit dem Küchenmeister zusammenbringt: „In Köln ist Schmalhans Küchenmeister, doch in Düsseldorf ist Prahlhans Bürgermeister.“

13.12.2023: Vierter digitaler Stolperstein – „Medizin ohne Menschlichkeit“ (Alexander Mitscherlich)

Zur Erinnerung an meine Großmutter Steffi veröffentliche ich an dieser Stelle ein viertes Mal nach 2020, 2021 und 2022 einen digitalen Stolperstein.

Digitaler Stolperstein: Voller Entsetzen über die Brutalität politisch legitimierter medizinischer “Maßnahmen” erinnere ich mich in tiefer Trauer an meine nie gekannte liebe Großmutter Stephania (“Steffi”), geboren am 19.3.1898 in Ludgierzowitz/Hultschin, tschechisch Ludgerovice, polnisch Ludgierzowice, aufgewachsen in Bottrop/Ruhrgebiet. Katholikin, Mutter von fünf Kindern. Diagnose: “manisch-depressiv”. “Verstorben” am 13. Dezember 1933 auf der psychiatrischen Station eines Essener Krankenhauses, elf Tage vor dem christlichen Familienfest Weihnachten. Offizielle Todesursache: “Kopfgrippe”

Die genaueren Hintergründe habe ich vor zwei Jahren beschrieben. https://stellwerk60.com/2021/12/13/13-12-2021-digitaler-stolperstein-zur-erinnerung-an-meine-grossmutter-steffi/.

Die kalte, rationale Bevölkerungspolitik der Nationalsozialisten zielte auf die totale Beherrschung der Menschen, ihrer Körper und ihrer Seelen. Das konnte nur gelingen, indem man in den Schutzraum Familie eindrang und Schwangerschaft und Geburt zur Sache des Staates machte. Die Mutter-Kind-Intimität musste reguliert und die Mutterliebe verstaatlicht werden. Dabei spielten die Nazis ein perfides Doppelspiel. Während man die „erbgesunde“ Mutterschaft sentimental verklärte, trieb man die „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ systematisch voran. Nur „erbgesunde Frauen“ sollten Kinder zur Welt bringen, gesunde, wehrtaugliche Söhne, Nachschub für Hitlers Wehrmacht. 

Das Mutterkreuz, mit dem Frauen ausgezeichnet wurden, die vier und mehr Kinder bekamen, war Teil der NS-Kriegspropaganda. Am 16.12.1938, kurz vor dem letzten „Friedens-Weihnachten“, hatte Adolf Hitler den Orden publikumswirksam gestiftet, nicht zufällig knapp neun Monate (!) vor dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen am 1.9.1939 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs. Mit pathetischen Worten bedankte sich Hitler bei den Müttern, die sich geehrt fühlten und noch nicht ahnten, dass die Nazis sie zwingen würden, ihre Söhne zu opfern: „Als sichtbares Zeichen des Dankes des Deutschen Volkes an kinderreiche Mütter stifte ich das Ehrenkreuz der Deutschen Mutter.“

Meine psychisch kranke Großmutter Steffi ist schon im Jahr der „Machtergreifung“ getötet worden, kurz bevor am 1. Januar 1934 das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft trat. Dass „erbkranke Mütter“ schon im Jahr 1933 in der Nazi-Psychiatrie umgebracht wurden, mögen selbst kritische Historiker kaum glauben, aber es ist anzunehmen, dass einzelne psychisch schwer gestörte Mediziner der infernalischen Versuchung nicht widerstehen konnten und bereits im Vorfeld probegehandelt haben. Das Gesetz aus dem Jahr 1933 „erlaubte“ zwar „nur“ die Sterilisation und nicht die Tötung psychisch kranker Menschen, aber es hat -so kann man im Nachhinein sagen- die Hemmschwelle herabgesetzt und den Weg zur Euthanasie geebnet.

Im Oktober 1939, als die Nazis längst mit der Massentötung behinderter Kinder begonnen hatten, erließ Hitler die Anordnung zur Ausrottung „lebensunwerten Lebens“, die auch zur Ermordung erwachsener Patienten aufrief und in die Aktion T4 mündete, bei der rund 70.000 Menschen ermordet wurden. „Insgesamt sterben im Rahmen der Krankenmorde rund 200.000 Menschen.“ https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Euthanasie-Die-Rassenhygiene-der-Nationalsozialisten,euthanasie100.html Der Auftrag zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ war der einzige, den Hitler je persönlich unterzeichnet hat. Offenbar war ihm die Vernichtung psychisch kranker und behinderter Menschen eine, wenn nicht die Herzensangelegenheit.

Wann mein Großvater Karl seine Kinder über die „Ursache“ des Todes ihrer Mutter aufgeklärt hat, ist mir nicht bekannt. Ich denke, dass er, um seine Kinder zu schützen, ihnen lange Zeit die Wahrheit verschwiegen hat. Glücklicherweise hatte die Familie mitfühlende nahe Verwandte und wurde nach Kräften unterstützt. Gut aufgehoben waren die Geschwister auch in der Kirchengemeinde von St.Joseph in Bottrop-Batenbrock, wo mein Vater Ernst von 1932 bis 1941 Messdiener war.

St. Joseph in Bottrop verbinden viele Menschen mit dem Namen Bernhard Poether. Poether war im April 1939 als Priester nach St. Joseph gekommen, einer Gemeinde im Bottroper Stadtteil Batenbrock, wo viele Bergarbeiterfamilien lebten. In Krakau hatte er Polnisch und Russisch gelernt, so dass er sich mit den polnisch-stämmigen Menschen in ihrer Muttersprache verständigen und Seelsorge leisten konnte. Allerdings war die Polenseelsorge (wie die bedingungslose Menschenliebe überhaupt) den Nazis ein Dorn im Auge. „Die NS-Propaganda forcierte ab Frühjahr 1939 die in großen Teilen der deutschen Bevölkerung vorhandenen antipolnischen Ressentiments. Im August 1939 berichteten Zeitungen und Rundfunk fast täglich über angebliche polnische Grenzverletzungen und Gewaltakte an der in Polen lebenden deutschen Minderheit. Der Überfall auf Polen sollte so als „gerechte Strafaktion“ für die Provokationen erscheinen.https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/ueberfall-auf-polen-1939.html Doch die Gewalttakte von Polen gegenüber Deutschen waren erfunden, eine infame Schuldzuweisung und folgenreiche Propaganda-Lüge.

Am 1. September 1939 wurde mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs die Polenseelsorge verboten. Als sich Bernhard Poether dennoch weigerte, die Polenseelsorge zu unterlassen und weiterhin polnischen Christen die Beichte abnahm, wurde er als „Staatsfeind“ verhaftet. Man brachte ihn nach seiner „Untersuchungshaft“ im Bottroper Gefängnis „erst in das KZ SachsenhausenWP und 1941 ins KZ DachauWP, in das zu dieser Zeit alle inhaftierten Priester verlegt wurden. Hier starb Bernhard Poether an den Folgen körperlicher Misshandlungen und Hunger im August 1942.“ https://wiki.muenster.org/index.php/Bernhard_Poether

Bernhard Poether setzte sich auch für festgenommene polnische Katholiken ein. „ ‚Im Gefängnis habe Poether freikommen können‘, sagt Ewald Spieker. ‚Man hat ihn damals gefragt: Wenn sie einem von zwei Menschen helfen könnten, wem würden Sie helfen, dem Polen oder dem Deutschen?‘ Seine Antwort zeugt von großer Unerschrockenheit und Stärke: ‚Ich würde dem helfen, der die Hilfe am nötigsten braucht.'“ https://www.ikz-online.de/staedte/bottrop/er-starb-weil-er-den-polen-beistand-id9844791.html

St. Joseph in Bottrop. Mein Großvater Karl, der als Bergmann auf der Bottroper Zeche Prosper III arbeitete, hatte nur an einem Sonntag im Monat frei. Es war für ihn kaum erträglich, dass er nach dem Tod seiner Frau nur selten die Möglichkeit hatte, gemeinsam mit den Kindern die Sonntagsmesse zu besuchen.

Elfchen im Zehnten: Man muss

Vor vielen Jahren habe ich einmal auf dem Köln-Nippeser Markt ein Gespräch zwischen zwei alten Männern mitbekommen, wobei „Gespräch“ für das, was ich zu hören bekam, ziemlich übertrieben ist.

Der kurze Dialog ist Inhalt meines Elfchens des Monats, das diesmal kein Mini-Gedicht ist, sondern ein kleines Drama:

Zwei

Alte begegnen

sich: „Wie es

et?“ „Ach ja, man

muss.“

Das Gespräch endete hier, die Männer verabschiedeten sich voneinander. Doch der kleine Dialog ist mir seitdem im Ohr. Zwar sind, wenn sich zwei Männer zufällig über den Weg laufen, die Gespräche oft kurz und schroff („Wie geht’s?“ „Kann nicht klagen. Und du?“ „Dito.“), doch in der Antwort „Man muss“ schwingt noch etwas anderes mit, eine gewisse Verbitterung.

Nach Ende der Corona-„Pandemie“ sind freudlose kleine Gespräche allgegenwärtig. Viele Menschen fühlen eine tiefe Ohnmacht. Die was zu sagen hätten, haben nichts zu sagen. Während Internet und Fernsehen die Menschen volllabern, mit Werbung beballern und lautstark alarmieren oder dauerbespaßen, sind wir zum Schweigen verdammt.

Mit der Zurücknahme der entwürdigenden staatlichen Corona-Maßnahmen wurde das Ausmaß der psychischen Verletzungen und Langzeitfolgen sichtbar. Nichts ist wie vorher. Die Maßnahmen waren nicht nur ein Angriff auf unsere Würde, sondern auch auf unsere Selbstachtung und Lebensfreude. Ich selber bin manchmal in einer nie gekannten depressiven Schockstarre – und trauere um die Demokratie.

Während der „Pandemie“ verpflichtete man uns -unter Androhung demütigender Strafen- zu einem bedingungslosen Mitmachen: Ihr müsst gehorchen. Dementsprechend ist das Wort „Müssen“ eine zentrale Vokabel im internen Papier aus dem Bundesinnenministerium zur Eindämmung der Corona-Krise vom 22. März 2020, das eigentlich geheim gehalten werden sollte. Wir erinnern uns: Am 1. April 2020 hatte das gemeinnützige Portal „Frag den Staat“ das vollständige, 17 Seiten lange Papier veröffentlicht. „Indem man uns mit einem “worst case” konfrontierte, den Fachleute aus den Bereichen Medizin, Wirtschaft und Politik prognostiziert hatten, sollte uns ganz bewusst via “Schockwirkung” Todes-Angst eingejagt werden.“ https://stellwerk60.com/2023/09/28/die-digitalisierungsfalle-wie-der-koelner-amtsschimmel-munter-wiehernd-hineintrabt/

Im Papier des Innenministeriums heißt es zur Durchführung der Maßnahmen:

Politik und Bürger müssen dabei als Einheit agieren.
3) Nachvollziehbarkeit: Die Bürger müssen nachvollziehen können, dass folgende Maßnahmen nur mit ihrer Mithilfe zu ihrem Wohl umgesetzt werden (müssen und) können.“
(Fettung und Klammer von mir)

Um dem Geschriebenen Nachdruck zu verleihen und uns die Notwendigkeit der Maßnahmen einzubläuen, wählte man einen autoritären Befehlston und verwendete wiederholt das Wort „müssen“. „Müssen“ ist nicht per se ein Macht-Wort. Manchmal bezeichnet das Wort eine naturgegebene Notwendigkeit, z.B.: „Wir müssen essen, um nicht zu verhungern“… „Wir müssen trinken, um nicht zu verdursten“… „Ich muss mal.“

Hier jedoch geht es um die Demonstration von Macht. Durch die krampfhafte Wiederholung des Wortes „müssen“ kommt es aber dazu, dass der kleine Text aus allen Nähten bzw. Satzzeichen platzt und grammatikalisch entgleist. Der Satz, der mit „Die Bürger“ beginnt, enthält zwei Wörter zu viel, die vermutlich später eingefügt wurden: „… müssen und“. Ich empfehle, den Satz noch einmal genau zu lesen – einmal mit und einmal ohne Klammer.

Alle Menschen in Deutschland waren von den Maßnahmen betroffen, doch besonders hart war es für die Menschen über 60, die unterschiedslos als vulnerabel und bedürftig abgestempelt wurden. Aufmerksame Zeitgenossen mit einem Gespür für die Verletzung elementarer Menschenrechte bemerkten die autoritäre Gleichschaltung schon zu Beginn der „Pandemie“:

„Im April 2020 gab das Deutsche Institut für Menschenrechte eine Stellungnahme mit dem Titel „Menschenrechte Älterer auch in der Corona-Pandemie wirksam schützen“ ab. Das Institut bewertet die These als richtig, dass der Staat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit älterer Menschen auf seinem Staatsgebiet effektiv zu schützen versuchen müsse. Es verurteilt aber die „Fehleinschätzung“, „dass alle älteren Menschen schutzbedürftig sind, weil verkannt wird, dass Ältere keine homogene Gruppe bilden, sondern das Risiko vom individuellen Gesundheitszustand und von der Lebenssituation abhängt…“ https://de.wikipedia.org/wiki/Altersdiskriminierung

Leider wurden kritische und aufmerksame Stellungnahmen wie diese (nicht nur irgendeines, sondern des anerkannten Deutschen Instituts für Menschenrechte!) von den Verantwortlichen ignoriert und missachtet. Das hatte eine mit nichts zu rechtfertigende Respektlosigkeit der Politik gegenüber älteren Menschen zur Folge und führte dazu, dass insbesondere die sehr alten Menschen in den Pflegeheimen der Willkür der „schützenden“ Maßnahmen (Kontaktbeschränkung, Sicherheitsabstand, Maskenpflicht etc.) schutzlos ausgeliefert waren. Weiter zuspitzen sollte sich die Situation mit der Corona-Impfung, als Seniorinnen und Senioren -unabhängig von ihrem individuellen Gesundheitszustand- trotz doppelter Impfung wochen- und manchmal auch monatelang Abstand voneinander halten und in Quarantäne mussten.

Newsletter der Stadt Köln, Frühjahr 2020: „Jung“ wird aufgefordert, den Kontakt zu „Alt“ (Dutt, Hut, Stock) abzubrechen bzw. – „sachlich“ ausgedrückt wie hier- zu „unterlassen“. Allerdings ist die Warnung der Stadt missverständlich. Die Grafik präsentiert ein ausgeh- und selbstverteidigungsbereites älteres Paar, ausgerüstet mit „Stock und Hut“. Und wäre „Köln“ tatsächlich „vorbereitet“ gewesen, wenn „Alt“ sich nicht zu Hause eingeigelt, sondern erhobenen Hauptes mit aufgerichtetem Stock bei „Jung“ auf der Matte gestanden hätte?

Zum Thema Altersdiskriminierung unter dem Deckmantel staatlicher „Wohlfahrt“ vgl.: https://stellwerk60.com/2022/10/31/elfchen-im-zehnten-deine-apotheke-impft/

Die Vokabel „Müssen“ ist auch Erkennungsmerkmal einer neuen bundesdeutschen Kriegsrhetorik. Erst kürzlich hat uns Bundesverteidigungsminister Boris Becker* (pardon: Boris Pistorius) vorgeführt, wie leicht ihm das Macht-Wort über die Lippen geht. In einem Plädoyer für Kampfbereitschaft sagte Pistorius am 29.10. im ZDF: „Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte. Und das heißt: Wir müssen kriegstüchtig werden. Wir müssen wehrhaft sein. Und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen.“ https://www.zdf.de/nachrichten/politik/boris-pistorius-krieg-europa-kommentar-100.html

– *Bundesverteidigungsminister Boris Becker? Was wie ein sprachlicher Ausrutscher aussieht, ist keiner. Übersetzt heißt „Pistorius“ tatsächlich „Bäcker“, denn der Name leitet sich von lateinisch „pistor“ = „Bäcker“ ab. Unser Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat aber keinen römischen Migrationshintergrund, sondern clevere Vorfahren, die ihren Familiennamen durch eine Latinisierung veredelt haben. Aufhübschungen wie diese waren bis zum Jahr 1876, als man überall im damaligen Reichsgebiet Standesämter einrichtete und Personenstandsregister einführte, möglich und üblich. –

Angeblich hat es Boris Pistorius nicht so gerne, wenn man ihn scherzhaft „Boris Becker“ nennt oder gar „Bobbele“. Das hat weniger mit Boris Beckers Haftstrafe zu tun als mit der Tatsache, dass Becker als junger Wimbledon-Sieger, Steuerflüchtling und Staatsbürger von Monaco vom Wehrdienst befreit war. Ein Artikel aus dem Jahr 1985: https://www.spiegel.de/sport/begeisterung-macht-nicht-blind-a-011577d7-0002-0001-0000-000013516241

Bedenklich und unannehmbar ist, dass Pistorius von wir redet und auf diese Weise uns alle in seine Kriegsvorbereitungen einbezieht und zu Mittätern macht. Ich sage NEIN! Ich will weder kriegstüchtig werden noch wehrhaft sein noch mich „wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte.“ Mit dieser verschleiernden und verharmlosenden Aussage macht Pistorius uns allen was vor, denn „die Gefahr eines Krieges in Europa“ droht nicht nur. Dieser Krieg ist längst Wirklichkeit geworden.

Für den Satiriker („Pardon“) und Ex-Kriegsreporter Gerhard Kromschröder geht die Militarisierung der Gesellschaft mit einer Militarisierung des Denkens und Sprechens einher. Im FR-Interview mit Claus-Jürgen Göpfert sagte er im April: „In Deutschland herrscht gegenwärtig eine unsägliche Kriegsrhetorik. Wir scheinen diese Kriegsrhetorik geradezu lustvoll anzunehmen und uns in ihr zu suhlen. Oft führt das zu Realsatire. Ich denke an eine Partei, die einmal als Friedenspartei gegründet wurde und damit Erfolg hatte. Sie gefällt sich heute darin, immer neue Waffenlieferungen zu fordern und wechselnde Kriegsszenarien auszumalen. Das hat viel Komik an sich.“ https://www.fr.de/panorama/gerhard-kromschroeder-in-deutschland-herrscht-unsaegliche-kriegsrhetorik-92221691.html

Dass die GRÜNEN ihr zentrales Wahlversprechen („Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete“, Wahlplakat) gebrochen haben und das Gegenteil von dem veranstalten, weswegen ich sie noch 2021(!) -wenn auch zähneknirschend- gewählt habe, ist allerdings mehr als nur tragikomisch. „Das hat viel Komik an sich“, konstatiert Gerhard Kromschröder. Ja, das hat es, doch ich kann nicht mehr lachen. Denn die Kriegspolitik der Bundesregierung ist keine Satire, sondern real.

Dankbar bin ich Kromschröder für den Hinweis auf eine Lachnummer von Cem Özdemir, Mitglied der „Friedenspartei“ DIE GRÜNEN und Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft. Ich wusste nicht, dass die Bundeswehr seit 20 Jahren den Bundesministerinnen und Ministern anbietet, an einer mehrtägigen Wehrübung in den Streitkräften teilzunehmen. So hatte ich auch nicht mitbekommen, dass das Angebot im Frühjahr 2023 angenommen wurde, und zwar von eben jenem Cem Özdemir, der mit wackerem Büttenreden-Humor im Jahr 1997 gesagt hat: „Ich bin zwar gut zu Fuß, aber ich bin nie eingewandert, sondern hier geboren.“ Zitiert nach Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Cem_%C3%96zdemir

Vermutlich hat der Mann was nachzuholen. „Ich habe nie Wehr- oder Zivildienst geleistet“, sagte er im Jahr 2001 in einem Interview mit dem SPIEGEL „Die deutsche Staatsbürgerschaft habe ich 1981 unter anderem deshalb angenommen, um nicht in der Türkei Wehrdienst leisten zu müssen. Auch in Deutschland bin ich nie gemustert worden.https://www.spiegel.de/politik/deutschland/40-jahre-zivildienst-haben-sie-eigentlich-gedient-herr-oezdemir-a-126230.html

In der Bundespolitik kommt es nicht gut an, wenn ein Spitzenpolitiker nicht gedient hat. Doch Özdemir gibt sich Mühe. Man muss ergänzen, dass er bereits im Jahr 2019 ein mehrtägiges Praktikum bei der Bundeswehr absolviert hat, und zwar am Bundeswehrstandort Munster in Niedersachsen. Begleitet wurde Özdemir damals von GRÜNEN-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner. Lindner hat, wie es heißt, sogar seine Kriegsdienstverweigerung zurückgenommen, um an der Wehrübung teilnehmen zu können. Aber vielleicht war es ja umgekehrt. Vielleicht hat Tobias Lindner nur an der Wehrübung teilgenommen, um zu zeigen, dass es ein Kinderspiel ist, die Kriegsdienstverweigerung nachträglich zurückzunehmen. https://taz.de/Gruene-und-Bundeswehr/!5601987/

Im Jahr 2023 ist Özdemir wieder dabei, diesmal bei den Feldjägern in Hannover. Schauen wir uns das „Deckblatt“ des Videos an, das der Nachrichtensender der WELT dankenswerterweise ins Netz gestellt hat (s.o.). Der da stolz die Nüstern bläht und dem der Flecktarn prima steht, ist tatsächlich Cem Özdemir.

Dieser Spot macht nicht nur Werbung für den Krieg, sondern auch für die Autoindustrie. Neben Soldaten werden in der Kaserne auch Personenschützer ausgebildet. Bei der viel Sprit vergeudenden Auto-Gaudi „Fahrsicherheitstraining“ kommen ausschließlich Mercedes-Limousinen zum Einsatz. „Als Beifahrer nimmt Cem Özdemir am rasanten Fahrsicherheitstraining teil, Wasserfontänen, Vollbremsungen und waghalsige Wendemanöver inklusive.“ Özdemir zeigt sich beeindruckt: „Das könnte ich nicht, auch nicht nach viel Übung.“ (Video, Min. 1.04 – 1.08)

Übrigens klärt mich die Internet-Seite von Auto Motor und Sport darüber auf, dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Amtsantritt für einen Dienstwagen von Mercedes entschieden hat: das gepanzerte S-Klasse-Modell S 680 Guard.

Dass Özdemir, geblendet von Privilegien und Macht, für Krieg und Mercedes wirbt, aber Süßigkeiten-Werbung einschränken will, ist Ausdruck einer neuen grünen Doppelmoral. Hier hat sich ein Ökospießertum entwickelt, das für mich diese Partei auf Bundesebene unwählbar macht. Kaum waren sie Regierungspartei, sind die Bundes-GRÜNEN zu autoritären Charakteren mutiert. Erinnern wir uns an den bedrohlichen Gesetzentwurf von AMPEL-Abgeordneten für eine Impfpflicht ab 60. Die neuen GRÜNEN haben sich meines Erachtens schuldig gemacht, insbesondere gegenüber den älteren und alten Menschen.

Naiv, wie ich war, habe ich noch 2021 geglaubt, dass Frau Baerbock nicht käuflich ist. Jetzt fühle ich mich für blöd verkauft. Dieses Plakat formuliert ein Versprechen, das gebrochen werden sollte, und ist eine plumpe Anbiederung an potentielle Wählerinnen und Wähler: „Bereit, weil Ihr es seid.“ Hübscher Reim, doch enthält die harmlos daherkommende Parole nicht bereits eine versteckte Botschaft? In den zwei „Ampel“-Jahren waren die GRÜNEN zu allem bereit. Daher lese ich die Parole jetzt anders: „Allzeit kampfbereit, weil ihr es seid.“

Die Digitalisierungsfalle: Wie der Kölner Amtsschimmel munter wiehernd hineintrabt

Im Jahr 2022 wurde das auf fünf Jahre angelegte Projekt #wirfürdiestadt beendet, Teil einer umfassenden Kölner „Verwaltungsreform“. „Wir haben viel geschafft“, so das Resümee der Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach fünf Jahren. „Aber zur Ehrlichkeit gehört auch, dass wir auch noch viel vor uns haben.https://www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/presse/mitteilungen/24696/index.html

Was heißt das, was sollen wir mit dieser Aussage anfangen? Weiter sagt OB Reker: „Ich habe immer gesagt, diese Reform macht uns zur modernsten Verwaltung Deutschlands. Heute muss ich feststellen, dass wir uns noch nicht so nennen können. Aber diese Reform war der notwendige und erfolgreiche Anstoß auf unserem Weg zur modernsten Verwaltung Deutschlands!“ (s.o.)

Eine hübsche Idee, doch war das vorrangige (auch bundespolitische) Ziel nicht der Abbau der Bürokratie? Die Kölner Stadtverwaltung hat sich trotz Modernisierung in den letzten Jahren noch einmal deutlich ausgedehnt. Im Personalbericht 2021 der Stadt Köln heißt es: „Die Kölner Stadtverwaltung ist im Jahr 2021 erneut gewachsen: 21.623 Mitarbeitende zählt das Stammpersonal der Gesamtverwaltung (Stichtag: 31. Dezember 2021) – 465 Personen mehr als im Vorjahr. Das erklärt sich zu einem großen Teil durch die Bewältigung der Corona-Pandemie.“

Gestern wurde auf web.de Klaus-Heiner Röhl zitiert, Forscher am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Er erklärt, warum der Bürokratieabbau nicht zustande kommt: „Es kommen zwei Dinge zusammen. Zum einen der politische Gestaltungswille, der zu immer neuen Gesetzen führt. Und zum anderen die Tendenz von Verwaltungen, sich selbst auszudehnen, also immer mehr Verwaltung zu schaffen.“

Nun dehnt sich eine Stadtverwaltung ebenso wenig von alleine aus, wie sich ein Luftballon selber aufpumpt. Aus Sicht von uns Bürgerinnen und Bürgern agiert die Stadt-Verwaltung nach der „Pandemie“ schwerfälliger denn je, auch wenn neue Bezeichnungen eine gewisse Dynamik vormachen. Dass die Stadt Köln eine hochmoderne Innovations-Plattform vorweisen kann https://www.innovative-stadt.koeln/, dürfte jedoch den meisten von uns entgangen sein.

Selbst wenn man Innovation und Aufhübschung der Institutionen gutheißt: Was haben wir von der modernsten Verwaltung Deutschlands, wenn die Stadt immer mehr verkommt? Nicht nur die Kölner Straßen und öffentlichen Gebäude sind in einem erbärmlichen Zustand.

Würden Sie diesem Briefkasten einen Liebesbrief anvertrauen?

Ganz lässt er sich trotz immer weiter fortschreitender Digitalisierung nicht abschaffen: Der Briefkasten. Der Transport von Schriftstücken via Post ist ein alter Kommunikationsweg, der (immer noch) erstaunlich gut funktioniert. Tatsächlich gehen nur wenige Briefe verloren. Dabei sehen die Briefkästen aus wie Abfalleimer. Während die Stadtverwaltung modernisiert und mit dem neuesten Equipment ausgestattet wird, sind die wenigen noch übrig gebliebenen Kölner Briefkästen in einem beklagenswerten Zustand. Dass man diesen Briefkasten (Agnesviertel Köln, Krefelder Straße, Sommer 2023) verrotten lässt, ist Ausdruck von Ignoranz und Geringschätzung. Zwar ist für die Pflege vermutlich die Deutsche Post zuständig, aber die Stadt Köln („die Oberbürgermeisterin“) sollte sich dafür verantwortlich fühlen, dass die Stadt nicht völlig vergammelt.

Henriette Reker, die bei Amtsantritt vor acht Jahren schon knapp 60 Jahre alt war, tut alles dafür, nicht als die wahrgenommen zu werden, die sie ist: Eine Bürokratin. Bevor sie Oberbürgermeisterin wurde, hat sie 15 Jahre lang in leitender Position in den Stadtverwaltungen von Gelsenkirchen und Köln gearbeitet. Das permanente Atmen der muffigen Amtsstuben-Luft hat sie empfänglich gemacht für die Modernisierungs- Versprechen der PR- Berater.

Im Prozess der von Frau Reker angestrebten Modernisierung (insbesondere durch Digitalisierung) kam und kommt dem jungen, optisch attraktiven Alexander Vogel (FDP, Politikwissenschaftler der Nintendo-Generation), den die OB bei öffentlichen Auftritten gerne an ihrer Seite hat, eine zentrale Aufgabe zu (vgl. den vorherigen Blog-Beitrag). Um Modernität und Innovationsfreude zu unterstreichen, nennen die Vertreter der PR- Branche Vogel nicht „Pressesprecher“, sondern „Kommunikator“ (was wohl ähnlich kraftvoll rüberkommen soll wie etwa „Terminator“).

In der glatten, mit Anglizismen aufgemotzten Sprache der PR- und Kommunikationsprofis klingt das so: „Der Kommunikator sollte in seiner neuen Funktion die Strukturen des Amtes auf den Prüfstand stellen. Das war 2018. Was darauf folgte, war ein Change-Prozess. Heute, fast vier Jahre später, ist das Team von 35 auf 52 Personen gewachsen. Ein Newsroom wurde etabliert, ein neues Corporate Design gelauncht und die sozialen Kanäle wurden aus dem Dornröschenschlaf geholt. Das Newsroom-Konzept verwandelte die kanalgesteuerte in eine themenfokussierte Kommunikation, so dass im vergangenen Jahr rund 156.000 Menschen durch die sozialen Kanäle auf der Homepage der Stadt landeten. Im Jahr 2022 hatte die Seite insgesamt etwas mehr als 16 Millionen Visits mit knapp über 37 Millionen Seitenansichten.https://www.kom.de/organisiert-im-newsroom/

Es ist äußerst bedenklich, dass man den Erfolg des „Change-Prozesses“ an einer Art „Einschaltquote“ misst. Die blendenden Ergebnisse (16 Millionen Visits mit knapp über 37 Millionen Seitenansichten) sind irreführend. Denn die hohen Zahlen sind kein Beleg für einen lebendigen Austausch zwischen Verwaltung und Bürger, sondern -im Gegenteil- Ausdruck einer völlig verfilzten, gestörten Kommunikation. Die vielbeschworene „digitale Erneuerung“ hat den telefonischen Warteschleifen unzählige Kreisverkehre mit verstopfter Ausfahrt, Holperpisten und Sackgassen hinzugefügt, kafkaesk anmutende digitale Wegenetze. Ich selber musste im Jahr 2021 unzählige Amtsangelegenheiten erledigen und bin -was die „Visits“ betrifft- gefühlt tausendmal auf der Homepage der Stadt Köln gelandet.

Was aber, wenn sich die Stadt Köln direkt an uns Bürgerinnen und Bürgern wendet? Um zu erfahren, was die Stadt Köln uns mitzuteilen hat, habe ich vor ein paar Jahren den Newsletter der Stadt Köln abonniert, ein kostenloses digitales Info-Blatt, das einmal im Monat herauskommt.

Während der „Pandemie“ ist der Newsletter zum Sprachrohr der staatlichen Corona-Politik mutiert. Am 16. April 2021 hat dann die Stadt Köln anlässlich der Ausgangssperre sogar einen die Notwendigkeit der Maßnahme unterstreichenden Sonder-Newsletter herausgegeben.

An dieser Stelle soll nicht thematisiert werden, dass die Ausgangssperre einen massiven Eingriff in die bürgerlichen Grundrechte darstellte. Ebensowenig soll hier diskutiert werden, ob nicht die Kölner Ausgangssperre -vergleichbar mit der Ausgangssperre in ganz Bayern im Frühjahr 2020- unverhältnismäßig war.

Vielmehr interessiert mich der zentrale Text des Newsletters, die Ansprache der Stadt Köln an die „Liebe(n) Leser*innen“ und der Appell der Oberbürgermeisterin Henriette Reker „an alle Kölner*innen„.

Verantwortlich für den Newsletter ist die Stadt Köln (Die Oberbürgermeisterin). Verantwortliche Redaktion: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Leitung: Alexander Vogel

Argumentation und sprachlicher Duktus der Ansprache erinnern an einen ganz anderen Text, ein internes Papier aus dem Bundesinnenministerium zur Eindämmung der Corona-Krise vom 22. März 2020. Der Titel eines Artikels auf focus.online brachte damals den Skandal (der keiner sein durfte) auf den Punkt: Internes Papier aus Innenministerium empfahl, den Deutschen Corona-Angst zu machen https://www.focus.de/politik/deutschland/aus-dem-innenministerium-wie-sag-ichs-den-leuten-internes-papier-empfiehlt-den-deutschen-angst-zu-machen_id_11851227.html

Das Papier, an dem Expertinnen und Experten aus dem Bereich Wirtschaft und Gesundheitspolitik, aber vermutlich auch aus den Bereichen Kommunikation und Werbepsychologie mitgearbeitet haben, dürfte den Öffentlichkeitsabteilungen aller deutschen Kommunen vorgelegen haben.

Dieses Papier, dessen Herausgabe das Innenministerium letztendlich nicht verhindern konnte, ist ein Armutszeugnis für die Politik unserer Bundesregierung, denn es entwirft eine knallharte Kommunikationsstrategie: Indem man uns mit einem „worst case“ konfrontierte, den Fachleute aus den Bereichen Medizin, Wirtschaft und Politik prognostiziert hatten, sollte uns ganz bewusst via „Schockwirkung“ Todes-Angst eingejagt werden. Die in diesem „internen“ Papier formulierten Vorschläge für Maßnahmen und gezielte Werbestrategien fungierten während der „Pandemie“ als eine Art Gebrauchsanweisung, die in den darauf folgenden Jahren, obwohl der „worst case“ zwar immer wieder heraufbeschworen wurde, aber nie eintrat, fast 1:1 umgesetzt wurde.

Das Papier ist moralisch verwerflich, denn es legitimiert die Verbreitung von Halbwahrheiten und fordert die politischen Entscheidungsträger dazu auf, die emotional aufgeladene Sprache der Werbung zu benutzen. Dass wir dort, wo es um unser Leben und unsere Gesundheit geht, nach den Spielregeln der Werbepsychologie manipuliert und geködert werden, entwürdigt uns Menschen.

Ich zitiere die vielleicht ungeheuerlichste Passage des Papiers, die zeigt, wie katastrophal es um eine bundesdeutsche Gesundheitspolitik bestellt ist, die sich uns Bürgerinnen und Bürgern gegenüber nicht nur zunehmend bevormundend, sondern (werbe-)taktisch verhält:

„Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:
1) Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.
2) „Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden“: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.
https://fragdenstaat.de/dokumente/4123-wie-wir-covid-19-unter-kontrolle-bekommen/

Dass wir Bürgerinnen und Bürger, die wir in politische Entscheidungsprozesse nicht eingeweiht sind, überhaupt Einblick in dieses „vertrauliche“ Papier haben, ist der Aufmerksamkeit des am offenen demokratischen Dialog interessierten gemeinnützigen Portals „Frag den Staat“ zu verdanken, das am 1. April (!) des Jahres 2020 das vollständige, 17 Seiten lange Papier veröffentlicht hat, kommentiert von Arne Semsrott.

Die Veröffentlichung des heiklen Schriftstücks zeigt, wie politische Aufklärung vonstatten gehen kann. Schließlich war die Herausgabe mit einem gewissen Risiko verbunden, denn das „Innenministerium hatte sich geweigert, das Papier auf Grundlage des Presserechts und des Informationsfreiheitsgesetzes für andere Medien verfügbar zu machen: Das Dokument sei „Verschlusssache“ und „nur für den Dienstgebrauch“ (focus.de, s.o.). Obwohl uns Arne Semsrott mit der Herausgabe einen großen demokratischen Dienst erwiesen hat, hat er sich damit gewiss nicht für das Bundesverdienstkreuz empfohlen.

Das Bundesverdienstkreuz wurde während und nach der „Pandemie“ mit Vorliebe denjenigen Journalistinnen und Journalisten verliehen, die ihre Medienpräsenz dafür nutzten, für die Corona-Politik der Bundesregierung zu werben. Ich denke da an die Chemikerin, Wissenschaftsjournalistin und Fernsehmoderatorin Mai Thi Nguyen-Kim oder -ganz aktuell- an den Physiker und Wissenschaftsjournalisten Harald Lesch, der am 9.10.2023 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt werden wird.

Ende 2019 wurde der Verdienstorden sogar einer Kunstfigur verliehen. Am 4.12.2019, als der Wissenschaftsjournalist Ralph Caspers mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, heftete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue der beliebten und berühmten WDR-MAUS den „Maus-Verdienstorden“ ins Fell. https://stellwerk60.com/2021/09/27/wie-man-kindern-halbwahrheiten-einimpft-die-fragwuerdigen-werbeauftritte-der-oeffentlich-rechtlichen-maus/

Auffällig ist, dass die als integer geltende brave WDR-Werbe-MAUS gerade noch rechtzeitig vor der „Pandemie“ den Orden verliehen bekam. Vier Monate später hätte die spaßige Vorstellung gegen erste Corona-Verhaltens-Regeln verstoßen. Mit dem Maus-Verdienstorden“ ausgezeichnet, machte DIE MAUS -ähnlich wie Elmo und Bibo aus der „Sesamstraße“- während der „Pandemie“ gerade bei den Kindern und Eltern gute Stimmung für Zwangsmaßnahmen und Impfung.

Zurück zum Sonder-Newsletter der Stadt Köln. Das in Henriette Rekers Ansprache an die liebe(n) Leserinnen benutzte Wort „Menschleben“ (vorletzte Zeile) gibt es nicht. Im DUDEN wird es nicht genannt, aber auch im Deutsche(n) Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm (Erste Teilveröffentlichung 1854) ist ein Wort, das „Menschleben“ lautet, nicht zu finden.

„Menschleben“ ist die tragikomische Verhunzung des bedeutsamen deutschen Wortes „Menschenleben“. Der DUDEN definiert das Wort „Menschenleben“ folgendermaßen:

1. Lebenszeit (eines Menschen) BEISPIEL: ein ganzes Menschenleben lang; 2. lebendiger Mensch BEISPIEL: der Unfall forderte vier Menschenleben.

Im Wort „Menschenleben“ schwingt mit, dass das Leben jedes einzelnen Menschen Teil des Lebens aller Menschen, Teil der Menschheitsgeschichte, aber immer auch ein besonderes ist. Seinen Ursprung dürfte es in der „Sprache der Dichter und Denker“ haben.

„Deutsches Wörterbuch“ von Jacob und Wilhelm Grimm. Anhand literarischer Texte belegen die Geisteswissenschaftler (bzw. ihre Nachfolger) die Verwendung des Begriffs „Menschenleben“.

Ich denke nicht, dass es die Absicht der Oberbürgermeisterin bzw. ihres Stellvertreters war, das Wort „Menschenleben“ zu veralbern und zu verhunzen. Der Gebrauch des Nicht-Wortes „Menschleben“ ist vielmehr Ausdruck einer gewissen Lässigkeit im Umgang mit der deutschen Sprache und einer in der Politik immer mehr um sich greifenden Alles-egal-Haltung.

Zwar muss die Oberbürgermeisterin tagtäglich unzählige Vorlagen unterschreiben, aber ihr Appell im Rahmen der nächtlichen Ausgangssperre ist so heikel und anfechtbar, dass sie den Text vor der Veröffentlichung noch einmal gewissenhaft hätte überprüfen müssen. Vielleicht hat sie das ja auch gemacht, dabei aber allzu sehr auf die Platzierung der Gender-Sternchen geachtet. Und tatsächlich sind alle Sternchen korrekt gesetzt. Alle Achtung!

Man kann übrigens zwar nicht mehr den kompletten Sonder-Newsletter, wohl aber die Ansprache der Stadt Köln noch im Internet finden. https://login.mailingwork.de/-viewonline2/20384/227/9195/nh6yjJAz/3iy4wkEXKr/1 Bis heute (28.9.2023) ist niemand auf die Idee gekommen, den Text, wenn man ihn schon nicht aus dem Netz nimmt, einmal gründlich gegenzulesen bzw. gegenlesen zu lassen. Das ist unglaublich, denn immerhin zählt das Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mittlerweile über 50 (!) gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Verunglückt ist auch der letzte Satz: „Und daher gehen wir in Köln ab Mitternacht entschlossen voran.“ Dass wir entschlossen vorangehen sollen, ist natürlich nur im übertragenen Sinne gemeint und bedeutet keine Einladung zu einer Nachtwanderung mit Frau Reker, aber dennoch ist das Bild im Zusammenhang mit einer tiefgreifenden Corona-Maßnahme unfreiwillig komisch. Wie, so frage ich, können wir ab Mitternacht -wenn auch metaphorisch- entschlossen vorangehen, wo doch Ausgangssperre ist, und wohin?

Eine Reise mit Coronatestfußfessel – Ein abendliches Treffen mit der Frau Keuner

„Hömma Lisa, du kannst ja braten“, sacht meine Nachbarin, die Frau Keuner, und stopft sich eine halbe Bulette ins Maul. „Aber wat isst du so langsam?“

„Ich will einfach nicht mehr so viel Fleisch essen.“

„Dann lass dir Zeit“, sagt die Frau Keuner. „Ich mach dat schon.“

Abends ist die Frau Keuner mit paar Flaschen Kölsch vorbeigekommen, und ich hab auf ihren Wunsch Buletten gebraten. Viele, weil ich damit gerechnet hab, dass die Frau Keuner viel essen kann. Die Frau Keuner spießt eine weitere Bulette auf. „Ich wollte dir den Appetit nicht völlig verderben, Lisa, aber die Wahrheit sagen. In dieser Bulette ist nicht nur das Fleisch von einem Rind und einem Schwein, sondern zerkleinertes Fleisch von unzähligen Rindern und Schweinen, denn das wird in riesigen Bottichen zermanscht. Aber sach, willst du nich mehr?“

Ich kann mich erinnern, dass mein großer Bruder vor gefühlt 55 Jahren einmal aus Futterneid vor den Augen seiner hungrigen, entsetzten Schwestern in eine Schüssel mit köstlichem Essen gespuckt hat, und zwar ausgiebig, aber was die Frau Keuner hier macht, das ist schlimmer, das ist Psycho-Spucken.

„Das Fleisch ist bio“, sage ich leise.

„Dann is dat eben Hackfleisch von unzähligen artgerecht gehaltenen Bio-Schweinen und Bio-Rindern. Deine Buletten sind echt lecker, aber noch verbesserungsfähig. Die Zwiebeln könnten feiner geschnitten sein. Ich komm jetzt einmal die Woche vorbei und kontrolliere deine Fortschritte. Das nächste Mal bitte mit Salat.“

„Kartoffelsalat?“

„Jau“, sagt die Frau Keuner. „Buletten mit Kartoffelsalat können wir noch essen, wenn wir überhaupt keine Zähne mehr haben. Aber jetzt pack mir bitte die restlichen Buletten in einen Tuppertopf. Die ess ich morgen in aller Ruhe, und zwar alleine, du störst ja nur.“ Ich räume den Tisch ab und geh mit feuchtem Lappen und anschließend mit trockenem Geschirrtuch über die Platte, denn die Frau Keuner braucht fettfreien Platz für die Computerausdrucke.

Die Frau Keuner pickt ein paar übersehene Fleischkrümel vom Tisch und breitet die Ausdrucke aus. „Lisa, du musst mal langsam lernen, dich zu wehren. Du bist viel zu freundlich, aber die Gesellschaft ist das schon lange nicht mehr. Freundliche Menschen werden nicht ernst genommen. Die Demokratie ist nur noch Alibi. Die Politiker wollen deine Stimme, aber nach den Wahlen wollen sie dich ganz schnell wieder loswerden. Die sind an unserer Arbeit und an unserem Geld interessiert, aber nicht an unserer Meinung, denn das bringt nur Ärger. Wir sind denen lästig. Vielleicht erinnerst du dich: Vor zwei Jahren hast du gesagt, mit dem Jens Spahn würdest du gerne mal ein Gespräch unter vier Augen führen. Nur leider redet der Jens Spahn nicht mit dir. Aber das ist gut so, sonst wäre das Gesagte unter euch geblieben. Wozu hast du deinen Blog? Da kannst du aufschreiben, was du ihm gerne persönlich gesagt hättest. Schreib, was passiert ist, schreib über Jens Spahn. Der Mann hat uns viel angetan“.

„Das kann man doch so nicht sagen“, sage ich leise und räume die Teller in die Spülmaschine. „Der Jens Spahn hat im Jahr 2020 einen FDP-Vorschlag abgelehnt und sich klar gegen die Leihmutterschaft ausgesprochen, und das rechne ich ihm hoch an.“

„Du musst den Spahn jetzt nicht noch in Schutz nehmen“, sagt die Frau Keuner. „Im selben Jahr hat der Jens Spahn die Widerspruchslösung für “Organspenden” vorgeschlagen, so, wie es die schon in der DDR gab. Damit ist er ja zum Glück nicht durchgekommen. Der Jens Spahn ist ein Karriererist, der ist schon mit 15 in die Junge Union eingetreten. Dann war er ausgemustert und hat eine Banklehre gemacht. Der Jens Spahn ist schon früh auf die schiefe Geldbahn geraten. Eigentumswohnung mit Anfang 20, zwei fette Kredite. Die mussten natürlich abbezahlt werden. Und was macht man, wenn man Geld braucht? Geschäfte. So empfiehlt man sich heutzutage für die Politik. Was in der Steinzeit die fette Beute war, sind heute die dicken Geschäfte… Aber wir reden ja jetzt über Corona. Corona hat gezeigt, wie autoritär unsere Politiker ticken, wie groß ihre Angst ist, Macht und Privilegien zu verlieren. Gehen wir mal zwei Jahre zurück. Also… Bundesgesundheitsminister Spahn muss beweisen, dass er alles im Griff hat. Denn in Deutschland regt sich Widerstand, Impf-Widerstand.“

Ich setze mich wieder zu der Frau Keuner, die mir einen Zettel mit Zitat zuschiebt mit der Bitte, laut vorzulesen: „‚Innerhalb der EU wird das Reisen voraussichtlich nicht von der Impfung abhängig sein‘, sagte Spahn der ‚Rheinischen Post‘ in der Samstagsausgabe (08.05.2021). `Auch mit den Testungen wird man sich europaweit gut bewegen können‘, ergänzte er. Spahn selbst werde seinen Urlaub in Deutschland verbringen. ‚In dieser hoffentlich letzten Phase der Pandemie würde ich keine großen Fernreisen planen, Nordsee statt Südsee quasi‘, sagte der CDU-Politiker.https://www.fr.de/politik/jens-spahn-urlaub-bundesrat-lockerungen-geimpfte-genesene-entscheidung-gesetz-deutschland-sommerferien-zr-90497261.html

„Das ist sowas von autoritär“, sagt die Frau Keuner. „Und wieder einmal wird das schöne Wort „Hoffnung“ missbraucht. Hör dir das an: „Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) macht Hoffnung auf den Sommerurlaub in EU-Staaten.“ Da stilisiert sich der Spahn auch noch zum Überbringer der Frohen Botschaft. Das ist gönnerhaft. Doch mittlerweile wissen wir, dass nicht nur beim Maskenkauf einige Milliarden Euro Steuergelder verschwendet wurden, sondern auch bei der Beschaffung von Tests. Das war nur zu unserem Schutz, wie die behauptet haben, das ist nicht mal nachgeprüft worden.“ https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pcr-tests-111.html

Die Frau Keuner öffnet sich die frische Flasche Kölsch, die ich ihr aus dem Kühlschrank geholt hab. „Die unbrauchbaren Tests müssen jetzt auch alle vernichtet werden, genauso wie die abgelaufenen Impfstoffe und die unbrauchbar gewordenen Masken. Aber der Olaf Scholz wird sich, sobald der angepasste Corona-Impfstoff da ist, trotzdem ein fünftes Mal impfen lassen. Aus Treue zur Pharmaindustrie und aus Rechthaberei.“ Die Frau Keuner trinkt einen Schluck. „Der Scholz wird noch mal so richtig auf die Schnauze fallen… Sach mal, Lisa, heulst du?“ Sie reicht mir die Serviette, mit der sie sich vorhin den Mund abgewischt hat.

„Brauch ich nicht“, sage ich leise. „Ich habe nur immer die Bilder im Kopf. Ende August 2021 sind wir nach Frankreich gefahren. Wir mussten uns per Internet anmelden. Und dann brauchten meine jüngere Tochter und ich noch einen negativen Anti-Gen-Test, also waren wir am Tag vor der Abreise in der Test-Station gegenüber vom alten Schlachthof. Ich konnte mich nicht auf den Urlaub freuen. Wie soll man sich in die Vorfreude fallen lassen, wenn man nicht weiß, ob man nicht auf den letzten Drücker doch noch positiv ist. Vor mir war eine ungeimpfte Frau, ein paar Jahre älter als ich. Wenn man älter ist, zeigt man ja nicht mehr so gerne die Zähne, und man reißt man nicht gerne den Mund auf, vor allem nicht in einer Test-Baracke gegenüber vom alten Schlachthof. Die Frau hat geschrien und gelacht. Krampfhaft. Aber irgendwann hat sie dann doch den Mund aufgemacht.“

„Du hast doch den Spahn gehört“, sagt die Frau Keuner und grinst. „Du konntest froh und dankbar sein, als Ungeimpfte überhaupt ins Ausland zu dürfen. Ich war schon lange nicht mehr verreist. Welche Rentnerin kann sich das denn noch leisten? Den Leuten mit der kleinen Rente bringt die Rentenerhöhung nicht viel. Was sind 5% Rentenerhöhung, wenn du nur 600 Euro Rente kriegst? Aber komm jetzt nicht auf die Idee, mich beim nächsten Mal einzuladen. Wie du Urlaub machst, das ist mir einfach zu spießig. Du machst das, was du auch in Köln machst, du mietest für dich und deine Töchter eine bezahlbare Ferienwohnung und bestückst die mit euren Kölner Plörren. In Paimpol angekommen, gehst du nicht direkt zum Hafen, sondern in den Intermarché. Aber auch nur deshalb, weil es da keinen REWE gibt. Am nächsten Tag fahrt ihr drei zum Plage de Behec, aber der Strandtag fühlt sich an wie ein Tag in der Riehler Rheinaue.“

„2021 hat es sich wirklich so angefühlt“, sage ich leise. „Aller Zauber war weg.“

„Ich verschick übrigens Urlaubsfotos“, sagt die Frau Keuner. „Wenn du mir sagst, ich soll dir welche schicken, dann setz ich mich vor meine Fototapete und mach Selfies.“

„Was ist das denn für eine Fototapete?“

„Raufaser“, sagt die Frau Keuner. „Weiß, leicht vergilbt. Aber ich sag dir was. Du hast noch Glück gehabt. Andere Ungeimpfte mussten zu Hause bleiben, nur weil der Test positiv war. Aber negativ war auch nicht viel besser. Hör dir Spahns Satz noch mal genau an. Auch mit den Testungen wird man sich europaweit gut bewegen können – Das ist nicht nur gönnerhaft, sondern richtig böse. Und jetzt setz die Wörter „auch die Ungeimpften“ ein, denn die sind ja gemeint. Also… Mit den Testungen werden sich auch die Ungeimpften europaweit gut bewegen können. Woran erinnert dich das?“

Ich ahne, worauf die Frau Keuner hinauswill. „An die elektronische Fußfessel?“

„Genau“, sagt die Frau Keuner. „Und dabei legt man die elektronische Fußfessel nur entlassenen Schwerverbrechern an, vor allem Sexualstraftätern. Das ist durchaus logisch. Aus Sicht der Bundesregierung waren ja alle Ungeimpften Straftäter. Aber sach, hast du die Coronatestfußfessel für einen Moment vergessen?“

„Nein, die Coronatestfußfessel war zwar unsichtbar, aber die hing mir wie ein Klotz am Bein.“ Doch jetzt gibt es kein Halten mehr, es bricht aus mir heraus: „Warum haben die mich und meine jüngere Tochter gezwungen, uns testen zu lassen? Wir war doch beide nachweislich immun. Meine ältere Tochter hatte Delta, hohe Virenlast, und wir beide haben mit aller Kraft versucht, uns bei ihr anzustecken, aber es hat nicht geklappt. In der Nachbarschaft ist ein junger Mann krank geworden, obwohl er geimpft war. Der hat die ganze Familie angesteckt, obwohl oder weil die auch alle geimpft waren. Die haben es richtig heftig bekommen. Warum gab es kein großes I für immun. Wozu soll ich mich testen lassen, wenn ich immun bin? Ich konnte und kann alles bezeugen. Und in Frankreich durften wir ohne aktuellen negativen Test nicht einmal ins Café. Und das, obwohl wir immun waren. Ich hatte sogar das positive Testergebnis meiner älteren Tochter und unsere negativen dabei und den Beleg für die zweiwöchige Quarantäne.“

Die Frau Keuner lacht: „Was sollen denn die Franzosen mit Kölner Beweismaterial? Außerdem war General Macron doch genauso rigide. Die Franzosen haben mit der Testung von Touristen richtig viel Knete gemacht. Lisa, du bist ein Störfall.“

„Das weiß ich doch“, sage ich. „Aber etwas in mir hat darauf gehofft, dass der Dr. Nießen vom Kölner Gesundheitsamt auf mich zukommt und mich beglückwünscht, dass er mich fragt, wie ich als Frau über 60 es geschafft habe, mich nicht mit der gefährlichen Delta-Variante zu infizieren.“

„Hömma, Lisa, du bist dermaßen naiv. Du stellst die Zwangsmaßnahmen in Frage und erwartest auch noch Beifall. Aber jetzt mach ich einen Test mit dir. Wessen Haaransatz ist das?“

„Spahn? Beide Male?“

„Und jetzt vergleich mal die beiden Urlaubsbilder von Spahn und Ehemann aus den Jahren 2021 und 2023 miteinander. Im Sommer 2021 war der Spahn noch so doof, ein Selfie zu veröffentlichen. Beide tragen keine Sonnenbrille, auch der Spahn nicht, dabei ist der Spahn Bundesgesundheitsminister. Und jetzt kommt’s. Sein Ministerium hat im Frühjahr des selben Jahres ein Heft seiner kostenlosen Werbebroschüre „Im Dialog“ herausgegeben. In Heft 6/April 2021 geht es fast nur um die Impfung, aber auf der Kinderseite (S.34) wird ausdrücklich vor zu viel Sonne gewarnt. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Ministerium/Broschueren/BMG_Dialog_1-2021_bf.pdf

Der Jens Spahn hat für die Broschüre sogar das Vorwort geschrieben. Doch warum hat er die Warnungen seines eigenen Ministeriums nicht ernst genommen? Guck dir noch einmal das Selfie an. Gesundheitsminister Jens Spahn hat Sonnenbrand, knallrote Stirn, knallroter Hals und knallrote Nase. Dat geht doch gar nicht. Wahrscheinlich wollten Spahn und Mann den Beleg dafür liefern, dass es auch in Bayern schön sonnig sein kann, aber doch bitte nicht so. Das sind Top-Fotos für den Pschyrembel.“

„Ein Sonnenbrand kann doch jedem passieren“, sage ich leise.

„Ja, aber doch nicht dem Bundesgesundheitsminister. Der Mann ist doch ein Vorbild, was eine gesunde Lebensweise angeht.“

„Ich kann das so aber nicht in meinen Blog setzen.“

„Zu Zwecken der Aufklärung“, sagt die Frau Keuner. „Als Diashow. Jetzt guck dir bitte das Foto von 2023 an. Das haben Profis gemacht. Mittlerweile hat der Spahn kapiert, dass man als Spitzenpolitiker nicht einfach ein Selfie schicken kann, nicht mit Sonnenbrand und schon gar nicht, wenn der Bundesrechnungshof auf der Matte steht. Das ist jetzt zwei Jahre her, niemand erinnert sich mehr. Sind ja zu viele verstrickt.“ Die Frau Keuner trinkt noch einen großen Schluck Bier.

„Ich vermute, dass der Jens Spahn für das Selfie damals einen richtigen Anschiss gekriegt hat. Deshalb musste sich der Spahn einer Styling-Beratung unterziehen. Die Profis haben das Bild aus dem Jahr 2021 genau analysiert. Der Fotograf hat Spahn und Funke aus der prallen Sonne geholt und in den Halbschatten gestellt. Beide Männer tragen jetzt Sonnenbrillen. Das Bild ist auch nicht während einer Wanderung aufgenommen worden, sondern danach. Im Jahr 2023 haben sich die Jungs den Schweiß abgewaschen. Die Klamotten sind nicht mehr schweißgetränkt, sondern sauber. Man sieht, wie die Männer duften. Und da ist noch was.“

„Das Büschel auf Spahns Stirn? So kommt er seriöser rüber.“

„Das auch“, sagt die Frau Keuner. „Aber guck mal auf Spahns Hals. Genau da, wo der Spahn im Jahr 2021 Sonnenbrand hatte, ist zwei Jahre später der Hemdkragen hochgeklappt. Ganz schön schlau.“

„Jau.“