Das KLEINE TEUFELCHEN auf Katharina Witts Schulter: „Willkommen zurück in der DDR“

Auf Anordnung der britischen Besatzungsbehörde waren im Bottroper Elternhaus meiner Mutter, das später auch mein Elternhaus werden sollte, nach dem Krieg Soldaten einquartiert. Später zog eine dreiköpfige Familie ein, die bei einem Bombenangriff ihre Wohnung verloren hatte. Der Familienvater war ein traumatisierter Augenarzt, der schwer verletzte Soldaten hatte behandeln müssen, darunter viele „Kriegsblinde“.

Meine Mutter, die 1925 geboren wurde, war seelisch verwundet. Ihr einziger Bruder, ein Theaterwissenschaftler, war als Propaganda-Soldat unter nicht geklärten Umständen ums Leben gekommen. Meine Mutter hat den Tod ihres Bruders, der neun Jahre älter war, nie verwunden. Da man seinen Leichnam nicht fand, verlor sie nie die Hoffnung, dass er nach Hause kommen könnte. Aber wer würde ihm mitten in der Nacht die Tür aufmachen?

Meine Mutter konnte ein Leben lang nicht mehr ruhig schlafen und nahm schon in jungen Jahren Schlaftabletten – Ende der 1950er Jahre auch das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan. Beide Schwestern meiner Mutter hatten Pharmazie studiert, beide waren mit Ärzten verheiratet, so dass meine Mutter immer gut informiert war. Elisabeth, die mittlere der Schwestern, hatte als Apothekerin die Familie ernährt, solange ihr Mann, mein späterer Patenonkel, noch in der Ausbildung war. Ich weiß nicht, ob meine Tante, ein sehr gewissenhafter Mensch, meiner Mutter Contergan empfohlen hat, aber ich kann es mir gut vorstellen. Die Apothekerinnen und Apotheker waren ja selber, auch als die verheerenden „Nebenwirkungen“ offenkundig wurden, vom Pharma-Unternehmen Grünenthal belogen und wider besseres Wissen zu Mittätern gemacht worden.

In der Nachkriegszeit machte die Pharmaindustrie mit der seelischen Not der Menschen große Geschäfte. Freiverkäufliche Schlaf- und Schmerzmittel fanden einen reißenden Absatz. „Das Schlafmittel Contergan war vom Pharmakonzern Grünenthal als “sicher” auf den Markt gebracht, von den Ärzten als “sicher” empfohlen und von den Apotheken als “sicher” verkauft worden. Unter den schwangeren Frauen, die es nahmen, waren viele, die den Zweiten Weltkrieg mit seinen entsetzlichen Bombennächten als Kinder oder Jugendliche miterlebt hatten und ihr weiteres Leben lang unter massiven Schlafproblemen leiden sollten. Als Contergan 1957 auf den Markt kam, unterschätzte man (und ignorierte man lange) die möglichen “Nebenwirkungen”, so dass Contergan nicht einmal rezeptpflichtig war.https://stellwerk60.com/2020/06/11/elfchen-im-sechsten-die-apotheke-hilft/

Gerne wird verschwiegen, dass Grünenthal seinen Verkaufsschlager Contergan einem Mann mit Nazi-Vergangenheit zu „verdanken“ hatte, dem deutschen Mediziner, Pharmakologen und Chemiker Heinrich Mückter (1914-1987). Mückter, der bei Grünenthal wissenschaftlicher Direktor war, hatte in der NS-Zeit menschenverachtende medizinische Experimente durchgeführt, worüber Grünenthal informiert gewesen sein dürfte, auch darüber, dass Mückter nur durch eine Flucht in die westlichen Besatzungszonen einer Verhaftung hatte entgehen können.

Erfunden wird der Contergan-Wirkstoff Thalidomidin der Forschungsabteilung der Firma, deren Leiter Heinrich Mückter auch am Gewinn des patentgeschützten Produkts beteiligt ist. Dass ihm die polnische Justiz medizinische Experimente an KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern während der NS-Zeit vorwirft, schadet Mückters Nachkriegskarriere nicht.https://www1.wdr.de/archiv/contergan/contergan166.html

Vielleicht war es nicht im Interesse der Bundesregierung, später noch einmal genauer nachzuforschen, denn das westliche Nachkriegs-Deutschland verdankte ausgerechnet Mückter den „freien Zugang“ zum Penicillin. Ende der 1940er Jahre hatte Grünenthal als erstes deutsches Unternehmen Penicillin-Präparate auf den Markt gebracht, dank Mückter. Woher auch immer er die Penicillin-Stämme hatte, „auf legale Weise hätte er sie nicht erwerben können, denn die westlichen Besatzungsmächte hatten Forschung an und Herstellung von Penicillin durch deutsche Unternehmen strikt verboten. Mückter setzte sich über dieses Verbot hinweg und erschlich sich im Januar 1948 unter falschen Angaben bei der britischen Militärregierung die Erlaubnis, mit Penicillin zu experimentieren… Der Frage, wie Mückter damals in den Besitz von Penicillin-Stämmen gekommen war, verweigert sich die Firma bis heute.https://www.spiegel.de/geschichte/braune-vorgeschichte-a-948837.html

(Kleiner Einschub: Denkbar ist, dass es einen Ost-West-Deal gegeben hat und die enge Zusammenarbeit zweier zwar „hochkarätiger“, aber schwer belasteter Wissenschaftler. Das ostdeutsche Pendant zu Heinrich Mückter war der fast gleichaltrige Arzt und Mikrobiologe Hans Knöll (1913-1978). Knöll, der als junger Student im Jahr 1932 Mitglied der NSDAP geworden war und der paramilitärischen NSDAP-Kampforganisation SA beitrat, hatte ab 1938 im Jenaer Glaswerk Schott & Gen. ein bakteriologisches Labor aufgebaut. Nachdem ein britisches Forscherteam 1939 den Wirkstoff Penicillin hatte isolieren können, gelang es Knöll im Jahr 1942, aus Penicillin-Stämmen das Antibiotikum zu gewinnen.

Als die Militärverwaltung der SBZ nach dem Krieg die rasche Ausweitung der Produktion befahl, hatte Knöll trotz Nazi-Vergangenheit eine tragende Rolle inne. Unter anderem waren es Knölls umfassende wissenschaftliche Kenntnisse, die der SBZ einen komfortablen Vorsprung gegenüber den westlichen Besatzungszonen sicherten. Ungeachtet seiner NS-Vorgeschichte wurde Knöll im Jahr 1950 erster Direktor des volkseigenen Pharmaunternehmens VEB JENAPHARM. https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Kn%C3%B6ll)

Der oben zitierte Spiegel-Artikel von Armin D. Steuer mit dem Titel „Der Contergan-Erfinder“ bringt nicht nur wesentliche Details ans Licht, sondern erinnert auch an die zynische, modern anmutende Werbestrategie des Unternehmens Grünenthal, das es wagt, ausgerechnet mit Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ für das Schlafmittel zu werben und sich damit auch noch einen seriösen, bildungs- und kulturbeflissenen Anstrich zu geben. „In seinen besten Zeiten bescherte Contergan der CG knapp die Hälfte des Umsatzes. In Zeitungen schaltete die Firma Anzeigen mit der Partitur von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ – Contergan sei so harmlos wie Zucker.

„Totalitarismus“ bezeichnet nicht nur die totale politische Herrschaft über unsere Köpfe, sondern insbesondere auch die Okkupation unserer Körper. Im Visier der Nationalsozialisten waren die Familien, insbesondere aber Frauen und Kinder. Daher versuchten die Nazis, Mutterliebe, Schwangerschaft und Geburt unter staatliche Kontrolle zu bringen. Während sie „erbkranken Nachwuchs“ zur Vernichtung freigaben, erhoben sie das Kinderkriegen zur soldatischen Pflicht der „arischen“ Frau. Je mehr Kinder sie bekam, desto ranghöher war die Frau. Belohnt wurden die Mütter mit dem Mutterkreuz, das an militärische Orden, aber auch an olympische Medaillen erinnerte. Das Kreuz in Bronze gab es bei vier und fünf Kindern, das silberne bei sechs und sieben und das goldene bei mehr als acht Kindern.

Die Mutterkreuze wurden einmal im Jahr verliehen – am Muttertag. Nach der Machtergreifung hatten die Nazis im Mai 1934 den Muttertag zum gesetzlichen Feiertag erhoben und ins Zentrum ihrer Propaganda gerückt. Meine Mutter liebte Feste, aber sie war außerstande, noch jemals den Muttertag zu feiern. Wenn wir Kinder ihr Geschenke machten, konnte sie sich nicht freuen. In Erinnerung an die Nazi-Zeit empfand meine Mutter den Muttertag, auch wenn sie den Ausdruck nie benutzte, als „Verhöhnung“ der Frau. Erst vor wenigen Jahren habe ich realisiert, dass meine Mutter den Muttertag deshalb so vehement ablehnte, weil sie -anders als wir Kinder- über den grausamen Tod der Mutter meines Vaters im Jahr 1933 Bescheid wusste. https://stellwerk60.com/2021/12/13/13-12-2021-digitaler-stolperstein-zur-erinnerung-an-meine-grossmutter-steffi/

(Auch heute noch wird mit dem Muttertag Politik gemacht. Daher möchte ich noch einmal an den ersten Corona-„Lockdown“ im Frühjahr 2020 erinnern. Für den autoritären, selbstherrlichen bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder war der Muttertag 2020 eine gute Gelegenheit, mit großer Geste Lockerungen zu verkünden und sich als Menschen- und Mütterfreund zu präsentieren: „Einen klaren Fahrplan der Lockerungen gibt es in Deutschland und Bayern allerdings noch nicht – kurzfristige Maßnahmen sind möglich. Und am Beispiel des kommenden Muttertags wohl auch durchaus erwünscht! Besuche sollten möglichst im Freien stattfinden, es müsse eine Maske getragen und Abstand gehalten werden, sagte Ministerpräsident Dr. Markus Söder… Ihm sei es wichtig, so der Ministerpräsident, zum bevorstehenden Muttertag wieder Besuchs-Möglichkeiten für Mütter und Großmütter zu schaffen. Das Menschliche müsse im Vordergrund stehen, und deshalb sei ihm der familiäre Bereich besonders wichtig.“) https://www.meine-anzeigenzeitung.de/lokales/freising/muttertag-2020-13755180.html

Meine Mutter, ein großzügiger, neugieriger Mensch, hatte gerne Menschen um sich. Nach dem entsetzlichen Krieg waren für sie Freundschaft und Verwandtschaft überlebensnotwendig. Sie pflegte althergebrachte Verwandtschaften und stiftete neue, indem sie ihre besten Freundinnen zu Schwestern erklärte. Da aber kein Mensch 13 oder mehr Schwestern haben konnte, nannte meine Mutter ihre Wahl-Schwestern “Kusinen”.

Eine dieser Kusinen, eine Jugend-Freundin meiner Mutter und ihrer Schwestern, hatte es nach Leipzig verschlagen: Mia. Gemeinsam mit ihren Schwestern besuchte meine Mutter sie einmal im Jahr. Ab Ende der 1970er Jahre waren auch meine Zwillingsschwester und ich dabei. Wir waren nach Köln gezogen, studierten Geisteswissenschaften und konnten uns die Zeit selber einteilen.

Für uns junge Menschen waren die Kurz-Reisen exotische Trips in ein anderes Deutschland. Für unsere Mutter und unsere Tanten jedoch waren es keine exotischen Trips, sondern immer auch Reisen in die Vergangenheit. Eine Zitterpartie war jedes Mal das Passieren der Grenze bei Herleshausen. Meine Mutter, die es immer geschafft hat, Menschen durch ein paar muntere Sprüche zum Lachen zu bringen, entlockte den Grenzsoldaten trotz vielfacher Bemühungen nicht einmal ein Lächeln. Vgl.: https://stellwerk60.com/2019/08/11/die-broiler-bruederschaft/

Meine Mutter, die ungern diskutierte, beteiligte sich auch in Leipzig nie an den Gesprächen über Politik, denn sie hatte Angst, abgehört zu werden. Tatsächlich war das Haus verwanzt, was uns Jüngere nicht davon abhalten konnte, relativ offen zu reden. Das war nur deshalb möglich, weil sich die STASI -was unserer Verwandten betraf- ausschließlich für deren Ausreise-Pläne interessierte. Irgendwann lud unser „Vetter“ meine Schwester und mich zu einer Stadtrundfahrt ein. Da das Auto abhörsicher war, konnte er uns bei der Gelegenheit in seine Ausreisepläne einweihen.

Unsere jüngeren „Verwandten“ waren der DDR gegenüber kritisch, fanden aber die Bundesrepublik großartig. Sie beneideten uns um die “Segnungen des Kapitalismus”, was sie auch offen zugaben. Meine Schwester und ich wussten die Segnungen allerdings kaum zu schätzen und waren “bunte Vögel” für sie. Das Vorurteil bestätigte sich, als wir bei einer Reise Anfang der 1980er Jahre Latzhosen trugen, die Uniform der Alternativbewegten. Es war natürlich bekloppt, dass wir ausgerechnet beim Besuch im Arbeiter- und Bauernstaat Latzhosen anhatten, aber wir waren jung, fühlten uns frei und dachten uns nichts dabei.

Sommer 2022. Elstern-Ästling auf einer Eiche vor der KiTa „Lummerland“, Köln, Lokomotivstraße:

Vögel sind weder fleißig noch faul. Was sie tun, das würden sie nicht “Arbeiten” nennen. Sie leben im Aus-Tausch mit der Natur, sie nehmen sich, was sie vorfinden, Beeren, Körner, Insekten, und geben zurück, was sie hervorbringen: Nachkommen. Sie kommen nicht auf die Idee, die Natur zu verändern, denn sie sind Teil der Natur. Anders als die Menschen würden sie niemals den Ast zerpicken, auf dem sie sitzen.

So wurden meine Schwester und ich nicht ganz ernst genommen, nicht nur wegen der Latzhosen. Unsere jüngeren, gut ausgebildeten „Verwandten“ konnten nicht verstehen, dass wir Geisteswissenschaften studierten und nicht einen der Abschlüsse machten, mit denen man im Westen richtig viel Geld verdienen konnte. Vor allem aber hatten sie kein Verständnis dafür, dass meine Schwester und ich die BRD-Politik kritisierten. Schließlich hatten wir alle Freiheiten, vor allem die Eine: Wir konnten jederzeit zurück in den Westen. Wir mussten uns nur ins komfortable West-Auto setzen – und verschwanden hinter dem “antifaschistischen Schutzwall”.

Zurück im Westen, fühlte ich mich nach jeder unserer Reisen wie befreit, ich erfreute mich an den (damals noch) relativ intakten Straßen und gepflegten Häuserfassaden. Ich genoss es, eine Luft zu atmen, die nicht nach Braunkohle und Desinfektionsmitteln roch. Vor allem im Winter war die westliche Welt schön bunt. Ja, ich begann, den Kapitalismus zu lieben. Doch es war nur eine Freude auf den (ersten) Blick, denn bald schon fiel mir auf, dass es die (damals noch) bunten, hochglanzlackierten Autos und die Leuchtreklamen waren, die der westlichen Welt Farbe verliehen. Alles war Tünche und Schöner Schein. Unsere Reise-Erzählungen wollte niemand hören. Die Leute jubelten Wolf Biermann zu, aber kaum jemand interessierte sich für die DDR.

So hielt das Gefühl, auf der richtigen Seite der Mauer zu leben, nie lange an, denn es gab keine richtige Seite. Nach unseren Reisen spürte ich einmal mehr, wie gefährdet unsere Welt und wie fragil unsere Freiheit war. Wir, die wir im Herbst 1981 nach Bonn zur Friedensdemo fuhren, hatten etwas, das den Realpolitikern fehlte: Politische Phantasie. Wir wussten, dass die Motive für die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen weder Friedens- noch Menschenliebe waren. Und wir, die wir Ende Februar 1981 an der verbotenen (und Jahre später “freigesprochenen”) Anti-AKW-Demo in Brokdorf teilnahmen, zweifelten schon Jahre vor der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl an einer “friedlichen Nutzung der Kernenergie”.

Bis vor wenigen Jahren hatte ich nur eine Ahnung davon, wie sich das Leben in der DDR für den einzelnen Menschen angefühlt haben muss. Erst im Zusammenhang mit den autoritären staatlichen Corona-Maßnahmen begriff ich, was es heißt, entmündigt zu werden und ohnmächtig zu sein. Denn während der „Pandemie“ erlebten wir Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland am eigenen Leib das respektlose, autoritäre Gebaren einer Obrigkeit, die es sich erlaubt, uns unter dem Vorwand des Gesundheitsschutzes zu bevormunden, sich in unser Leben einzumischen und immer weiter in unsere privaten Räume und in unsere Körper einzudringen.

Endlich hatte ich wieder den Geruch von Desinfektionsmitteln in der Nase:

Anfang März 2021: Ich trage eine Gesichtsmaske und schiebe einen Einkaufswagen vor mir her, dessen Griffe ein Mitarbeiter des Alnatura-Supermarkts desinfiziert hat. Zuvor musste ich mir (viel zu viel!) Desinfektionsmittel in die Hand geben (ach was, schütten!) lassen, sonst wäre ich nicht in den Laden gekommen, biologisch unbedenklich, wie der Mann sagt, zu kaufen bei Alnatura.
In der Gemüse-Abteilung angele ich aus einer Kiste einen feuchten, aber knackig wirkenden Salatkopf. Vorher habe ich mehrere Salatköpfe befingert, wobei ich das Desinfektionsmittel losgeworden sein dürfte. Alle machen es so, im Alnatura und anderswo. Zum Obst muss niemand Abstand halten. Da darf angefasst werden, gegrabbelt, gedrückt und an die Nase gehalten bzw. an den staatlich verordneten “Mund-Nasen-Schutz”.
Ich hole mir ein kleines Stück überteuerten, aber sehr leckeren Weichkäse. Später lege ich die Einkäufe aufs Kassenband. Die Kundin vor mir hat ihre etwa fünfjährige Tochter in den Einkaufswagen gesetzt. Das Kind muss mit einkaufen gehen, denn aktuell ist die KiTa geschlossen. Das Mädchen darf nicht im Laden herumlaufen, aber immerhin hat man ihr die Hände nicht desinfiziert. Irgendwann stellt sich das Kind aufrecht hin, beugt sich über das Kassenband und zückt grinsend den Zeigefinger. Sie hat ein lecker weiches Teil entdeckt, wie bestellt für’s Fingerchen. Die kleine Einbuchtung auf dem Coeur de Paille (s.o.) rührt daher. Nie hat mir ein Loch im Käse so gut geschmeckt.

Die Parallelen zwischen den Entmündigungen in der DDR und den Entmündigungen im Rahmen der bundesdeutschen Corona-Politik sind offenkundig, was sich während der “Pandemie”kaum jemand getraut hat, offen zu sagen. Die ehemalige Eiskunstläuferin Katarina Witt gehörte im März 2021 zu den wenigen Prominenten, die es wagten, die staatlichen Corona-Maßnahmen mit den Restriktionen in der DDR zu vergleichen:

„’Weitere Freiheitseinschränkungen, Vorgaben, wer wann, wohin, oder überhaupt reisen darf, die existierende festgeschriebene Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt und die Unmündigkeit des Volkes, wird unter Vorgabe der Rücksichtnahme festgelegt. Die Ähnlichkeit ist verblüffend, was man im Namen ‘zum Wohle des Volkes’ so kollektiv, früher im Sozialismus und gegenwärtig im Kapitalismus, in so kleinem Kreise einfach durchsetzen kann!‘, so Witt. ‚Ich mag es gar nicht aussprechen, aber ein kleines Teufelchen auf meiner Schulter flüstert mir fast schelmisch ins Ohr – ‚Willkommen zurück in der DDR‘.“ zit. nach: https://www.morgenpost.de/berlin/leute/article231876279/Katarina-Witt-Facebook-Corona-DDR-Reaktionen.html

2 Gedanken zu „Das KLEINE TEUFELCHEN auf Katharina Witts Schulter: „Willkommen zurück in der DDR“

  1. Ja, viel zu viel Unschönes wiederholt sich. Viel zu wenig (bis nichts) wurde wirklich aufgearbeitet. Da wird die DDR in Bausch und Bogen verdammt – von Leuten, die sehr Ähnliches tun oder gut fanden / finden z.B. beim Umgang mit Corona. Ich habe letztens gerade in meinem Beitrag „Andere ändern wollen (Fortsetzung 2)“ meine Empfindung dazu beschrieben, es ist, als spiegeln viele sich – ohne das auch nur entfernt selber zu bemerken.
    Denn leider wurden nie wirklich Handlungen analysiert und die Gründe für diese Handlungen, damit schädliche Handlungen / Verhaltensweisen nicht mehr wiederholt werden. Sondern die „Aufarbeitung“ bestand / besteht darin, zu behaupten „die Nazis waren böse ; die SED und alle ihre Anhänger*innen waren ebenfalls böse – und wir heute, wir sind die „Guten“, denn so etwas wie die damals würden wir nie tun.“.
    Und eine solche Art „Aufarbeitung“ zeigt eigentlich nur, dass bei den meisten Menschen bisher leider kein wirkliches Interesse am Verstehen wollen – und damit eher Verhindern können – solcher furchtbaren Entwicklungen besteht. Und das ist grauselig, finde ich.

    • Ich stimme dir voll zu! Ich finde es sehr problematisch, dass man -wenn überhaupt- nur die Vergangenheit aufarbeitet und keinen Bezug zur Gegenwart herstellt. Auf diese Weise lernt keiner etwas.
      So wichtig sie sind, verkümmern die Gedenkfeiern für die Opfer des Nationalsozialismus zu politischen Werbeveranstaltungen. Wenn sie bei den Gedenkfeiern einen Kranz niederlegen, demonstrieren die Politikerinnen und Politiker, dass sie keine Holocaust-Leugner sind und mit der AFD, die ja bekanntlich solchen Veranstaltungen fernbleibt, nichts zu tun haben. Das sichert der „politischen Mitte“ die Wählergunst.
      Die „Aufarbeitung“ der Vergangenheit macht wenig Sinn, wenn sich der Bezug zur Gegenwart darin erschöpft, dass man wieder und wieder ein Wiedererstarken des Rechtspopulismus konstatiert. Das ist zwar richtig, aber nur ein Teil der Wahrheit.
      Unumgänglich wäre eine historische Aufarbeitung der Gegenwart.
      Eine unbedingte Parallele zwischen der DDR-Obrigkeit und der bundesdeutschen Obrigkeit unserer Tage sehe ich insbesondere im aggressiven Furor gegenüber Andersdenkenden.
      Nicht nur „der Überbringer der schlechten Nachricht wird geköpft“, sondern auch der Überbringer der Wahrheit.

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