Die wohl schönsten Worte zum Wesen der Farbe stammen von Friedrich Hölderlin: “Wenn der Baum zu welken anfängt, tragen nicht alle seine Blätter die Farbe des Morgenrots?” (Hyperion)
Man kann Farben mischen, aber nicht neu erfinden. Es gibt auf der Erde nur die Farben, die immer schon da waren. Allerdings kreieren Zeitgenossen ständig neue, immer mehr, immer exotischer klingende Farben-Namen. Die Internetseite eines Raumgestalters listet über 500 Bezeichnungen für Rottöne.
Dank Dauerbeleuchtung ist die Welt heute viel bunter als zu Hölderlins Zeiten. Die Farbe der Dinge, mit denen wir uns umgeben, ist künstlich erzeugt. Die Hose, die ich trage, ist gefärbt. Die Wand, auf die ich schaue, angestrichen. Jeder von uns besitzt unzählige bunt gemusterte Dinge. Die Dinge erzählen Geschichten, jedes Ding eine andere. Es sind viel zu viele. Ihre Farben beißen sich, wir bemerken es nur nicht.
Medien und Internet beballern uns mit kreischend bunten Bildern. Wir können nicht anders: Wir starren hin, aber gleichzeitig versuchen wir, uns die Bilder vom Leibe zu halten. Doch leiblos verlieren wir das Gespür für das Wesen der Farbe. All you can see macht farbenblind: Die welkenden Blätter verblassen, noch bevor sie vom Baum fallen.
Wissenschaftlich betrachtet haben die Dinge gar keine Farbe. Wir dichten sie ihnen nur an. Farbe ist demnach nichts weiter als ein Sinneseindruck, der im Zusammenspiel von Licht, Auge und Gehirn entsteht.
Die wissenschaftliche Betrachtungsweise liegt dem Pfau, der mit der schönsten Federnfarbenschau ums Weibchen wirbt, der Schöpfung sei Dank fern.

Der Mensch treibt es zu bunt, meint dieser kölsche Hund.