Warum ist es am Rhein so grün…

Wer wie ich die anhaltende Trockenheit kaum noch erträgt, wen die Hitze grantig macht, dem empfehle ich eine Tour zum Rhein (mit dem Fahrrad oder mit der Linie 13 bis Slabystraße).
Letzten Sonntag überraschten uns hinter der Mülheimer Brücke grünes Gras und eine riesige Herde heiter weidender, unbeirrt köttelnder, selig blökender Schafe. Wo es sich so munter grasen lässt, dürften die Halme noch richtig saftig sein.
Sind hier die Wiesen feuchter als woanders, weil sie immer wieder überflutet werden? Oder streift verdunstendes Rheinwasser das Gras? Ich weiß nicht.
  
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…
Im Loreley-Gedicht von Heinrich Heine fließt der Rhein ruhig dahin, ist die Luft “kühl”. Der Schiffer im kleinen Schiffe kann nur in Wehmut entbrennen, weil die Sonne nicht knallt.
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Keine Fata Morgana


Loreley-Gedicht von Heinrich Heine

Die Loreley
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Loreley getan.

Lob der Bildungsferne

Topfschlagen und Schatzsuche locken kein Kind mehr hinterm Computer hervor, also lädt man zum Kindergeburtstag ins Silly Billy ein oder mietet sich eine Soccerhalle.

Was für Kindergeburtstage gilt, gilt für organisierte Ferienfreizeiten umso mehr: Langeweile darf nicht aufkommen. Heutzutage buchen Eltern Events, die Spaß und Action versprechen – und gleichzeitig den Nachwuchs spielerisch bilden. Die Kinder verbringen ihre Ferientage nicht mehr in der “Stadtranderholung”, sondern in Fußballcamps, Theaterworkshops und Zirkusschulen.

Direkt neben Stellwerk 60 hatte zwei Wochen lang “Mini-Nippes” seine Zelte aufgeschlagen. Im Internet präsentierte sich die “Kinderstadt” ambitioniert:                                                            “Die Kinderstadt ist ein besonderes thematisches Ferienangebot, bei dem Kinder im Alter von 9 -12 Jahren die Chance haben, die Zusammenhänge und das Gefüge einer Stadt wirklichkeitsnah zu erleben. Das Planspiel bildet eine Stadt im Kleinformat ab, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in kindgerechter Weise die Möglichkeit bietet, sich in verschiedenen Berufen auszuprobieren und Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen.”

Doch warum muss das Kind in den Sommerferien zum Geschäftsführer aufsteigen? Und warum ein öffentliches Amt bekleiden? Ich finde, Kinder sollten frei haben.

Wenn die Freunde unterwegs sind, ist Freihaben nicht so leicht auszuhalten. Nach ein paar Tagen wird das Kind sich langweilen. Jetzt erst fällt ihm auf, wie schlimm es im Kinderzimmer aussieht, dass da alles rumfliegt, dass der Ranzen immer noch nicht ausgeräumt ist und in der Butterbrotdose ein Käsebrötchen vergammelt.

Im Kinderzimmer lernt das Kind mehr als in der “Kinderstadt”. Denn jetzt passiert ein Wunder, nicht “wirklichkeitsnah”, sondern in echt. Das Kind “probiert sich aus” in einer Tätigkeit, die ihm normalerweise ein Graus ist: Es räumt auf.

Und siehe da, das Kind befreit sich! Es wird Eroberer und Entdecker: Es findet Dinge wieder, die es längst vergessen hat. Und auf geheimnisvolle Weise wird das Zimmer immer größer…

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Wer hier entlang ging, hörte die Kinder ausgelassen kreischen und lachen. Vermutlich war der Spaß, den sie hatten, der gleiche wie schon vor 40 Jahren. Nur die Waffeln, nach denen es rund um “Mini-Nippes” permanent roch, dürfte es in der “Stadtranderholung” eher selten gegeben haben.